Biese-Aland paddeln

An die Paddel - fertig - LOSstechen!

Unterwegs in der Altmark auf einem Nebenfluss der Elbe, wobei Mittel- und Unterlauf befahren werden

"Je mehr wir sehen, was wir sehen,
desto mehr entdecken wir in vertrauter Umgebung,
was wir noch nie sahen."
Karl Foerster (1874-1970)
___
Mittwoch

An einem Mittwochabend im Juni trifft sich eine Gruppe wasserwanderlustiger Freunde nahe der kleinen Ortschaft Hagenau am rechten Bieseufer, um an den folgenden Tagen ihre altmärkische Heimat auf dem Wasserwege zu erkunden. Bei sonnigem Wetter werden auf dem Grünland, auf dem gerade ein Landwirt mit seinem Düngerstreuer unterwegs ist, die Zelte aufgebaut und mittels eines mitgebrachten Mini-Fernsehers die Partie Deutschland-Niederlande der aktuellen Fußball-Europameisterschaft verfolgt, während zwei Einweggrills dem mitgebrachten Grillgut ordentlich einheizen. Die Freunde sind froh, dass ihnen der Landwirt kaum Beachtung schenkt und beobachten einen Weißstorch, der durch den Traktor angelockt auf der Suche nach aufgescheuchten Kleinsäugern über die landwirtschaftliche Nutzfläche stolziert. Um der nächtlichen Kälte bei einem gemütlichen Lagerfeuer zu trotzen, geht es mit gestärkten Mägen auf die Suche nach Totholz, welches in einer nicht fern gelegenen Gehölzgruppe gefunden wird. Nachdem die Grillglut als Basis des Lagerfeuers Verwendung findet und ein paar Teelichter sowie Räucherstäbchen angezündet werden, tauscht man innerhalb der Gruppe die Erlebnisse der Woche aus und wirft sich voller Vorfreude auf eine eindrucksvolle Tour auf dem Wasser in die mit Isomatten und Schlafsäcken eingerichteten Nachtquartiere.



Zeltlager am rechten Bieseufer bei Hagenau
Zeltlager am rechten Bieseufer bei Hagenau
___
Donnerstag
 
Zwar haben aufgrund der kühlen Sommernacht nicht alle eine ausgiebige Mütze Schlaf tanken können, doch ist diese Tatsache bei strahlendem Sonnenschein, einem reichhaltigen Frühstück und großer Wasserwanderlust schnell vergessen. Ein erfrischendes Bad in der Biese sorgt bei dem Kanuten Marco für ein schnelles Ende der Morgenmüdigkeit und gegen 11 Uhr packt die Gruppe ihre Sachen zusammen, nichtsahnend, dass ihnen ein längerer und aufregenderer Wandertag bevorsteht als geplant. Nachdem die Ufervegetation mit heftigen Fußtritten beiseite gedrängt ist und seitens der Kanutin Ines der geniale Hinweis "WIR müssen vorsichtig sein, wenn IHR die Boote zu Wasser lasst!" geäußert wird, wird als erstes das Kolibri-Faltboot sorgsam ins Wasser gelegt und nimmt nach und nach an Gewicht zu, bis letztendlich ein Gesamtgewicht von etwa 200 Kilo erreicht ist. Anschließend werden die Canadier, welche in der Hansestadt Werben auf die Namen 'Dessau' und 'Magdeburg' getauft wurden, ins Wasser gelassen und das Wandergepäck verstaut. Da alle Tourmitglieder den Sprung in ihr entsprechendes Kanu erfolgreich meistern, kann das Wasserwandern flussabwärts losgehen. Bei Einigen erfolgen die ersten Schläge mit den Stechpaddeln aufgrund fehlender Erfahrungen noch unausgereift, was zu entsprechender Heiterkeit auf der Biese führt, doch es dauert nicht lange und die drei Kanu-Besatzungen stimmen ihre Techniken ab und mit jedem zurückgelegten Flussmeter werden auch die jungfräulichen Kanuten sicherer im Umgang mit dem Holz.


Morgendliches Bad in der Biese
Verstauen des Gepäcks im Kolibri-Faltboot
Verteilung der Fracht in der 'Dessau'
Beladener Bug des Kolibri-Faltboots zeigt flussabwärts
Erste Manöverversuche sorgen für Heiterkeit
Wasserwanderlust
Besatzung der 'Magdeburg'

An den mit Schilfrohr bewachsenen Flussufern wimmelt es von Blauflügel-Prachtlibellen. In der Nähe der Ortschaft Gladigau zwingt ein Wehr die Gruppe zum Umtragen der Kanus. Auf der anderen Wehrseite stürzt das Wasser circa einen Meter in die Tiefe und der sandige flache Bereich unterhalb des Wehrs erleichtert das erneute Wassern der Boote. Die angrenzende Wiese scheint für eine kurze Brotzeit ideal und nachdem Tütensuppen und Fertiggerichte verspeist sind, entspannen sich die Freunde auf den ausgebreiteten Decken.

Rast am Wehr
Frauenpower beim Wasserlassen der 'Dessau'
Erneutes vereintes Verladen der Fracht
Blick auf das Wehr bei Gladigau

Mit gestärkten Mägen und Armmuskeln setzen die Kanuten ihre Tour fort. Sie ziehen an Schwimmendem Laichkraut und Teppichen der Kleinen Wasserlinse vorbei und die bisherige grasige Ufervegetation wird nun von beide Ufer flankierenden Erlen abgelöst, deren ausladende Äste über den Kanuten ineinander greifen. Diese Erlen-Allee erstreckt sich über mehrere Kilometer und hat etwas magisches. Einige wenige Sonnenstrahlen schaffen es durch die grünen Uferwände hindurch zu dringen, ansonsten scheint die Gruppe von der Zivilisation abgeschirmt. Es herrscht Stille.


Was wohl nach der nächsten Kurve kommt??..
Besatzung der 'Dessau'
Kolibri unter Erlen-Allee
Eins mit der Natur
Knipps

Nachdem die sieben Freunde die Ortschaften Klein Rossau, Groß Rossau und Schliecksdorf, zwei weitere Wehre sowie eine fast perfekte Stelle zum Aufschlagen der Zelte hinter sich gelassen haben, wird am Abend eine lautstarke Diskussion hinsichtlich der Frage nach dem Nachtquartier ausgelöst, da das Erreichen des Krumker Parks auf eine sehr baldige Ankunft in Osterburg schließen lässt und somit ein zeitnahes Aufschlagen der Zelte fraglich ist. Die Gruppe entscheidet sich für ein kurzes Anlegen der Boote an der Osterburger Stiefmutterbrücke, an welcher sich der Kanut Marcel spontan zur Bewachung der Kanus bereit erklärt, während die Anderen kurz vor Ladenschluss den nahe gelegenen Supermarkt aufsuchen, um sich für die nächsten Tage mit ausreichend Proviant zu versorgen. Der durch die ordnungsgemäße Entsorgung des sich im Laufe des Tages angesammelten Abfalls entstandene Freiraum in den Booten wird zugleich von gekauften Wasserflaschen und Einkaufstüten eingenommen. Es dauert nur einige Paddelschläge und die Gruppe erreicht das Osterburger Biesebad. Während ein auf der Wasseroberfläche liegendes PVC-Rohr einfach zu umfahren ist, stellt das hiesige Wehr ein weniger leicht zu umgehendes Hindernis dar. Nachdem sich die Kanuten einen Überblick über die Möglichkeiten des Umtragens der Boote verschafft haben, wird die Fracht ein viertes Mal an diesem Tag aus den Kanus genommen und selbige am linken Ufer umgetragen. Da sowohl das Ufer als auch der Untergrund der Biese auf der anderen Wehrseite sehr steinig sind, erfolgt das Wasserlassen der Boote mit großer Vorsicht, welche auch weiter flussabwärts aufgrund des steinigen Untergrundes geboten ist. Nach einigen hundert Metern passiert die Gruppe schließlich die Bahnbrücke und entscheidet sich zum Anlegen am rechten Bieseufer. Eilig stolpert die in der Dessau in der ersten Reihe sitzende Kanutin Franny ans schlammige Ufer und nimmt ein unfreiwilliges Fußbad. Der Paddelgruppe, die bei einbrechender Dämmerung auf einer abgemähten Wiese ihr Nachtlager einrichtet und auch am zweiten Abend nicht auf saftig gegrillte Steaks verzichtet, steht eine kalte Sommernacht bevor.


Füße hoch und das Paddeln macht noch mehr Spaß
Erstaunliche Breite der Biese
___
Freitag

Die Strohballen auf der Wiese eignen sich hervorragend als Versteck für die Morgentoilette. Während es die eine Hälfte der Gruppe bei einer kurzen Katzenwäsche belässt, wäscht sich die andere Hälfte den Schlaf mittels eines ausgiebigen Bades in der Biese aus den Augen. Es wird ausgiebig gefrühstückt und die selbstgemachten Pfannkuchen finden schnell Abnehmer. Beim Zusammenpacken wird die Gruppe von einem Angler um die Beseitigung der Glutreste gebeten, die er letztendlich selbst erledigte. Nachdem wiederum alles in den drei Booten verstaut ist, setzen die Wasserwanderer ihre Reise in Richtung Norden fort. In der Nähe des Dorfes Dobbrun sichten die Kanuten in der Vegetation, die zu beiden Seiten von großwüchsigem Schilfrohr dominiert wird, eine Lücke, welche sie ohne langes Zögern ansteuern, um eine gemütliche Mittagspause einzulegen und sich mit gigantischen Radieschen zu bewerfen. Von weitem sind die Türme der Seehäuser Petrikirche zu erkennen. Eine auf der Biese schwimmende Höckerschwanenfamilie zieht ebenfalls die Blicke der Kanuten auf sich. Während die drei Küken im rechten Uferröhricht Schutz suchen, schwimmen die Elternvögel weiter vor den Kanus her und lenken somit von ihren Jungen ab, bis die Elternvögel nach einer Weile die Sehnsucht packt und sie zum Lauf über das Wasser ansetzen und ihre etwa 20 Kilo Körpergewicht in die Luft befördern und eindrucksvoll an den Kanuten vorbeifliegen.



Quartier östlich von Osterburg
 .. weiter ab durch die Mitte ..
Die Kolibris
ab ans Ufer ..
ab ins Schilfrohr ..

Nach diesem ornithologischen Highlight entscheidet sich die Gruppe für das Aufschlagen der Zelte nahe der Segelflugzeug-Piste auf dem linken Bieseufer. Der mitgebrachte Sonnenschirm wird zweckentfremdet und dient als stützende Basis einer Plane, welche vorsorglich sowie handwerklich geschickt über die Eingangsbereiche der einzelnen Zelte gespannt wird, um bei einsetzendem Regen geschützt zusammenzusitzen. Bevor mit der Zubereitung des Abendessens begonnen wird, werden einige verschwitzte Körper in der Biese gewaschen und aus dem nahe gelegenen Wald ein paar Hände voll Totholz geholt. Aufgrund der Nähe zum Seehäuser Schießplatz sind die regelmäßigen Schussübungen deutlich hörbar. Nach einem spannenden Insekten-Wrestling zwischen nackten Schnecken und schiefergrauen Kellerasseln, aus dem alle Beteiligten äußerst mitgenommen hervorgehen, ist am Lagerfeuer am späten Abend bei leckerem Likör durch das Erzählen schwarzer Geschichten viel Phantasie zum Lösen der Kriminalfälle gefordert.


Immer der (Kanu)-Nase nach ..
Posierende Kanutinnen
Nachtquartier und überdachter Essbereich
PROST
___
Samstag

Die sieben Freunde mögen sich an diesem Morgen garnicht aus ihren Zelten bewegen, da es kräftig regnet. Schon in der Nacht hatte es zu regnen begonnen. Auf einmal nimmt die Kanutin Ines all ihren Mut zusammen und stürzt ins Freie, um die am Abend zuvor versäumte Mundhygiene nachzuholen. Gemeinsam mit dem munteren Kanuten Marco widmet sie sich einer ausgiebigen Portion Frühsport, welche Marco mit einem erneuten Bad in der Biese abschliesst. Nachdem man dem Wasserlinsenmonster kurz Aufmerksamkeit geschenkt hat, erfolgt der Abbau des Quartiers und bei einsetzendem Nieselregen sowie erneuten Schussübungen startet die Gruppe in einen weiteren Tag auf dem Fluss. Am linken Ufer befinden sich das Seehäuser Waldbad und Kleingärten und die Kanuten lassen sich Boot an Boot ruhig von der Strömung treiben. Als sich die Blicke der Freunde auf die sich nähernden Stromschnellen richten, ist es mit der Ruhe vorbei. Mit einem mulmigen Gefühl überqueren die 'Dessau' und die 'Magdeburg' den steinigen Untergrund des Flusses, der ab dieser Stelle den Namen Aland trägt, während das Kolibri-Faltboot sorgsam in den Umfluter gelenkt wird, um anschließend mit vereinten Kräften über die Stromschnellen getragen zu werden. Als sich die Magdeburg und das Kolibri-Faltboot einschließlich Besatzungen auf dem Aland wieder in Bewegung setzen, gelingt es der dreiköpfigen Besatzung der 'Dessau' beim Einsteigen das eigene Boot zum Kentern zu bringen. Liter für Liter strömt in das offene Kanu. Mühsam wird das Wasser wieder herausgeschöpft und die Besatzung ist froh, dass sie nicht in der Flussmitte unfreiwillig baden gehen mussten. Derweil werden die zwei anderen Boote am Hohen Wall geparkt und im nahe gelegenen Supermarkt das sich angesammelte Leergut gegen leckeres Eis umgetauscht.



Frühstück



Umtragen des Kolibri am Seehäuser Umfluter
Kanutin Ines hat alles im Griff (noch!)
Das Wasser steht uns bis zum ....... Knie
Kanute Kai hofft auf Sonne

Es beginnt erneut zu regnen. Die Tatsache, dass der Aland innerhalb Seehausens bis zur Flussmitte stark verkrautet ist, verlangt den Kanuten zusätzliche Kraft zum Paddeln ab. Immer mehr Wolken schieben sich vor die Sonne und die Gruppe schafft es die Brücke der Bundesstraße rechtzeitig vor Einsetzen des Starkregens zu erreichen. Eine kurze Rast unterhalb der Brücke wird zum Anziehen der Regenkleidung genutzt, bevor die Paddel mit kräftigen Schlägen wieder in den Fluss gestochen werden. Nach einer weiteren kurzen Rast auf der Höhe des Krüdener Bracks wird erstmals ein Wechsel der Bootsbesatzung vorgenommen. So trägt das Kolibri-Faltboot auf den folgenden Metern die Kanuten Thomas und Kai über das Wasser, während sich die Kanutin Claudia für einen Spaziergang am sicheren Ufer entscheidet. Die Freunde sehen in der Wahrenberger Brücke einen idealen Regenschutz und beginnen mit den Vorbereitungen für die Nacht unter der Brücke. Nachdem die Heringe bei großer Kraftanstrengung provizorisch in den trockenen Boden getreten, die nassen Kleider auf die mitgebrachten Wäscheleinen gehängt und mehrere Meter Holz für das Lagerfeuer gesammelt wurden, macht es sich die Gruppe bei aufgewärmten Tütensuppen bequem, denkt sich lustige und schmuddelige Geschichten aus und beendet den feucht-fröhlichen Abend mit einer ausgiebigen Partie Skip-Bo.


Gemütlichkeit bei Zwischenmahlzeit an Bord
Rollenverständnis des Kanuten Marcel
Gruppenkuscheln unter der Brücke
___
Sonntag

Abreise mit vielen tollen neuen Erfahrungen im Gepäck und der Erkenntnis, dass eine Wasserwanderung "ANSTRENGEND" ist (nicht immer, aber immer öfter)^^.



Streckenverlauf Biese-Aland-Tour 2012
>13/17 Juni 2012<