Im
Juni besucht mich Christian. Nachdem wir die
ersten Tage in Bogotá verbringen, fliegen
wir in den kolumbianischen Teil Amazoniens. Anschließend
fahren wir nach Girardot und von dort weiter nach Ibague, um auf dem
Nevado del Tolima zu wandern.
Wiedersehen |
Freitag
Christian steht bereits vor dem Flughafengebäude und flirtet mit einer Einheimischen. Wir begrüßen uns freudig und fahren mit dem Taxi zu Lina, die wir gemeinsam mit ihrer österreichischen Freundin Sara auf dem Hof antreffen. Beide begleiten uns in das Appartement von Magda, welches wir für drei Nächte reserviert haben. Die Wohnung befindet sich zur Zeit im Umbau, erfüllt dennoch ihren Zweck. Neben zwei Schlafzimmern stehen uns zwei Bäder zur Verfügung. Nur auf warmes Wasser müssen wir leider verzichten. Bei Lina stärken wir uns mit einer bestellten Pizza.
Samstag
Unser
Frühstück nehmen wir auf der anderen Straßenseite ein. Es gibt
Empanadas und Milchkaffee. Da wir für unseren Amazonas-Ausflug noch
Ausrüstung benötigen und sich Lina in Bogotá gut auskennt,
begleitet sie uns. Mosquiteros para la cabeza
(Moskito-Gesichtsschutz), Regenponchos sowie für mich zwei Hosen
wandern schließlich in unseren Einkaufskorb. Bevor es zurück zum
Appartement geht, kaufen wir Zutaten für die Ajiaco Santafereño,
einer sämigen
Hühnersuppe,
die es am folgenden Tag geben soll. Zum
Abendessen, welches wir in der Wohnung von Linas Eltern einnehmen,
gibt es das von Christian mitgebrachte Zwiebelbrot mit Käse,
Schinken, Schnitzel und Weißwein. Anschließend unternehmen wir mit
Francisco eine Fahrt durch das nächtliche Bogotá. Wir fahren in die
Hügel im Osten, denn von hier können wir eine herrliche Aussicht
auf die rund 7 Millionen Einwohner zählende Hauptstadt genießen.
Besucher vom anderen Stern |
Abendessen bei Familie Segura Amaya |
Blick auf Bogotá |
Sonntag
Am heutigen Sonntag fahren wir nach einem weiteren Empanada-Frühstück mit dem Taxi zum Jardín Botánico, wo wir uns mit Melissa verabredet haben. Gemeinsam drehen wir im Botanischen Garten, der nach dem Botaniker José Celestino Mutis benannt ist, unsere Runden. Gegen 14 Uhr verabschieden wir uns von Melissa, da wir bei Linas Familie zum Mittagessen eingeladen sind. Lina und ihre Schwester haben die Ajiaco-Suppe gekocht, die neben Huhn, verschiedenen Kartoffelsorten und Maiskolben (mazorca) auch reichlich Koriander (cilantro) enthält. Lecker. Francisco und seine Schwestern laden uns aufs Land ein, allerdings wird es dafür leider keine Zeit geben. Auch am Abend sitzen wir gemütlich mit der Familie zusammen.
Montag
Am Montagmorgen quälen wir uns um 4:45 Uhr aus den Betten, duschen kalt und steigen gegen 5:30 Uhr ins Taxi, welches uns zum Monserrate fährt. Am Fuße des 3152 Meter hohen Kordillerenberges – Bogotá liegt 2640 Meter über NN – angekommen, heißt es nun, dass der erste Transport erst gegen 6:30 Uhr stattfindet. Solange wollen wir nicht warten und entscheiden uns trotz der Kenntnis darüber, dass es entlang des Weges nicht selten zu Überfällen kommt, spontan für den Aufstieg zu Fuß. Links und rechts des mit hellen Sandsteinen befestigten und etwa zwei Meter breiten Weges stehen kleine Hütten aus Holz oder Pappe. An manchen Stellen ermöglichen Plattformen eine herrliche Aussicht auf die Hauptstadt und gelegentlich komme ich mit einheimischen Sportlern ins Gespräch. Da wir nicht gefrühstückt haben und lediglich zwei Schluck schwarzes Zuckerwasser dabei haben, ist der etwa einstündige Fußmarsch in der zunehmend dünneren Höhenluft anstrengend. Auf dem Gipfel angekommen, fühlt man sich wie in einer anderen Welt. Wir bestaunen die interessant angelegten Rabatten, beobachten langschwänzige Kolibris und stärken uns mit Guayaba-Bocadillos, frisch gepresstem Orangensaft und Milchkaffee. Mit der Seilbahn geht es den berühmten Berg hinab und mit einem Taxi zurück zum Appartement. Hier hauen wir uns für eine gute Stunde nochmal aufs Ohr, packen unsere bisher gemachten Fotos auf meinen Rechner und geben bei Lina den Appartement-Schlüssel ab. Bevor wir uns verabschieden, dreht uns Francisco ein Getränk aus Orangensaft, Milch und Zucker an, das gut schmeckt. Ein Taxi fährt uns zum Flughafen, in dessen Abfertigungshalle wir durch das Verzehren von Bocadillos die Auslegeware vollkrümeln. Nachdem wir bei der Gepäckverladung zugeschaut haben, steigen wir in die offensichtlich jungfernflugbereite AeroRepública-Maschine mit dem Ziel Leticia.
Aufstieg zum Monserrate |
In
der Hauptstadt des Departaments
Amazonas angekommen,
nimmt uns die feuchtwarme
Luft des Regenwaldes den Atem. Wir bezahlen die Touristensteuer in
Höhe von 16.000 Pesos und begeben uns auf die Suche nach einer
Herberge. Enttäuscht
stellen
wir
fest,
dass es den hiesigen Zoo leider nicht mehr gibt und hoffen in
den folgenden Tagen umso
mehr Getier in der Wildnis zu entdecken.
Das Hotel Fernando Real, dessen Flur mit blühenden Pflanzen begrünt ist, sieht
einladend aus. In
einem Doppelzimmer machen
wir es uns bequem und
werfen uns unter die Dusche. Wir machen einen Spaziergang, um die
etwa 30000 Einwohner zählende Stadt zu erkunden
und erreichen schließlich
am Muelle Veronica den Amazonas-Strom. Das hiesige Ufer ist teilweise
mit Blech- und Bretterbuden
zugebaut.
Am Horizont erkennen wir, wie sich eine Regenwolke ihrer Ladung
entledigt.
Auf
dem Weg zurück zum Quartier bieten Straßenhändler
ihre
Ware feil.
Durch
das Fernsehen erreicht uns die Nachricht vom Tod
Michael Jacksons.
23.6.
Dienstag
Nach
einem früchtehaltigen Frühstück geht es auf dem Moped zurück zum
Flughafen (warum?). Anschließend geht es in die südlich von Leticia gelegene brasilianische Stadt Tabatinga. Hier erzählen wir dem Grenzposten von unserem beabsichtigten Besuch des Reservats PALMARI und bekommen einen
Stempel in die Reisepässe. Mit einem Boot, welches u.a. mit Hühnern und Bananenstauden beladen ist, fahren wir nach Benjamin Constant. Von hier aus geht es mit dem Taxi weiter ins etwa 30 km entfernte Atalaia do Norte. Als ich den Taxifahrer nach dem Künstler der im Taxi gespielten Musik frage, erzählt er mir von einer indigenen Gruppe. Er verspricht mir eine CD, sobald wir uns das nächste Mal begegnen, denn vermutlich wird er uns in ein paar Tagen wieder zurückfahren. Er wird Recht behalten und mir ein paar Tage später die CD der Toalla-Gruppe schenken. In Atalaia de Norte steigen wir in ein Speedboot, welches uns in die PALMARI-Lodge fährt.
24.6. Mittwoch
Heute begeben wir uns mit Pelé zu Fuß in den Regenwald. Pelé zeigt uns, wie aus Palmenblättern verschiedenste Gegenstände wie Körbe hergestellt werden und auch wir versuchen uns daran. Als Pelé einen Baumstamm hinaufklettern, zögert Christian nicht lange und macht es ihm nach. Dazu wickelt er sich eine aus einer Pflanzenfaser geformte 8 um die Füße. Auf dem Programm steht nun eine Baumwipfelbesteigung. Wir genießen eine herrliche Aussicht auf den Regenwald. Wir übernachten im Regenwald.
25.6. Donnerstag
Mit dem Speedboot zurück nach Leticia. Hier treffen wir zufällig auf Melina und Erik.
26.6. Freitag
Mit dem Boot fahren wir in den Nationalpark Amarayaku. Da hier geschlossen oder voll ist, fährt man uns in ein nahe gelegenes Dorf und quartiert uns bei einer Familie in einem Pfahlhaus ein. Es schüttet wie aus Eimern. Die Einrichtung ist sehr einfach. Sehr abenteuerlich. Sehr gastfreundschaftlich. Eine Fledermaus pinkelt desnachts Christian an.
27.6. Samstag
Mit unserem Guide unternehmen wir einen Ausflug.
Wir erreichen Puerto Nariño, wo wir Bekanntschaft mit Hannibal machen. Keine Autos.
28.6.
Sonntag
Gegen
7 Uhr fahren wir mit Antonio und seinem Sohn Hannibal mit ihrem in
den kolumbianischen Farben gestrichenen Boot zum Tarapoto-See. An der
Tankstelle fischt Hannibal kleine welsartige Fische, die grunzende
Laute von sich geben, mit der Hand aus dem Wasser. Richtung See sehen
wir einige Male Botos, Amazonasdelphine, die sich auf den Weg zum
Amazonas machen. Nachts verweilen sie hingegen in der Seenplatte.
Tonio erzählt von dem Fisch Pirarucu, der bis zu 250 kg wiegt und
Wellen auf dem Wasser hinterlässt. Das Gesetz verbietet den Fang des
Giganten während der Fischaufzucht, da der Bestand bedroht ist.
Zwischen November und Februar bleibt der Fischnachwuchs dicht unter
der Wasseroberfläche, da er in tieferem Wasser von Raubfischen
gefressen werden würde. Bei Gefahr "frisst" die
Fischmutter ihren Nachwuchs und ist damit leichte Beute für Fischer.
Tonio sagt, dass es in Puerto Nariño
eine von einer Österreicherin geleitete ONG
(Nichtregierungsorganisation) gibt, die sich um geschützte Tiere
kümmert. Hierzu zählen vor allem Schildkröten bzw. deren
Ei-Gelege, die angeblich häufig von Indigenas geplündert werden.
Wir machen Fotos von sich im Wasser spiegelnder Ufervegetation und
sehen Papageien und einen Fischadler. Laut Tonio verschwinden
jährlich etwa 5 Personen, meistens Indigene, die sich in der Nacht
allein im Dschungel aufhalten. Nach 8 Tagen sagt man schließlich:
„La selva lo comió“ - der Dschungel hat sich ihn geholt
(wortwörtlich: der Dschungel hat ihn gefressen/verschluckt). Ich
meine, dass die Indigenas in der Gruppe jagen bzw. fischen, doch
Tonio antwortet, dass ein Fischer, der einen guten Platz zum Fischen
kennt, diesen nicht verraten wird. Nun fahren wir kurz ans Ufer, um
möglicherweise einen Kaiman zu Gesicht zu bekommen. Wir hören etwas
plätschern, und dabei bleibt es. Vor uns liegt ein umgestürzter
Baumriese. Im gesunden aufrechten Zustand benutzen die Indigenen
diese Baumart als Kommunikationsmittel. Wenn mehrere Einheimische in
den Dschungel gehen, machen sie sich ein Klopfzeichen aus, um sich im
Fall eines Verlaufens zu orientieren bzw. zu verständigen. Auch
andere Arten eignen sich dafür, indem sie eine Art Echo erzeugen.
Christian entdeckt einen neuen Passagier auf unserem Boot. Die
Tarnung des Matacaballos, der Stabheuschrecke, ist echt
beeindruckend. Christian fängt einen Fisch mit kräftigen Zähnen,
der nach dem Aussetzen am Uferrand wieder zurück ins Wasser findet.
Als Köder dienen kleine Fische, die Tonio vorher mit Brot gefischt
hat. Hannibal und ich nehmen die kleinen Fische vom Haken und töten
diese, indem wir sie auf den Boden schmeißen. Als wir die Siedlung
namens Santa Clara de Tarapoto erreichen, ist diese fast
menschenleer, weil die Einwohner gerade in Puerto Nariño
sind. Am Ufer sehen wir einer Frau beim Wäsche waschen zu. Begrüßt
werden wir von Boliviano, einem kleinen Jungen, der trotz seines
Vornamens Kolumbianer ist und etwas zurückgeblieben wirkt. Es
scheint so, als spiele sich das Aufregendste am Bootsplatz ab. Als
meine Brille herunterfällt, greift sie sich Hannibal. Alles wird
hier neugierig angefasst. Auch die Kamera zog zuvor die
Aufmerksamkeit auf sich. Während Tonio einen Fisch fängt, der
angeblich sehr schmackhaft ist, verstehe ich kaum etwas von dem, was
der neben mir sitzende und streng riechende Boliviano erzählt.
Hannibal schleppt derweil eine Frucht des Totumo-Baumes an, die sich
zu mehreren Kunstobjekten wie beispielsweise einer Kalebasse
weiterverarbeiten lässt. Zu uns an die überdachte Feuerstelle
gesellt sich eine Familie. Dem Mann und der Frau fehlen ein Großteil
der vorderen Zähne. Während der Mann Feuerholz heranschleppt, siebt
die Frau Maniokwurzeln, um das entstehende feine Mehl, Fariña
genannt, anschließend etwa zweieinhalb Stunden zu rösten. Wegen
Überflutung blieb keine Zeit mehr, um die Maniokwurzeln in Gefäßen
im Boden zu verstauen, sodass das Wurzelgemüse in einer Regentonne
gelagert wird. Am Rand der blauen Tonne, in der es sehr unangenehm
riecht, entdecken wir einen schwarzen Skorpion, der angeblich tödlich
zustechen kann. Zwar wird die Gefahr mit einem Stück Holz sofort
gebannt, doch der Gedanke an die barfuß laufenden Dorfbewohner
beschäftigt mich eine Weile. Auf der Rückfahrt sehen wir in der
Ferne Flussdelphine. Uns steigt zunehmend der Modergeruch in die
Nase, denn die Trockenzeit beginnt und das Wasser geht langsam
zurück.
29.6. Montag
Es geht wieder zurück nach Leticia - Souvenirs - und weiter nach Girardot.
30.6. Dienstag
Girardot
1.7. Mittwoch
Girardot
2.7. Donnerstag
Um
6:45 Uhr geht es mit dem Bus, der durch einen verrückten Busfahrer
gesteuert wird, nach Ibague, der Provinzhauptstadt Tolimas. Die Fahrt
dauert zwei Stunden. Wir suchen die Reiseagentur 'Travesia Verde' auf
und werden auf später vertröstet, da die Frau, mit der wir
verabredet sind, noch nicht da ist. Im lokalen Tourismusbüro
erhalten wir eine Stadtkarte. Wir erfahren, dass es in der
vergangenen Nacht am Nevado del Tolima zu Erdrutschen kam, wodurch
die Hauptstraße überschwemmt wurde. Zurück in der Reiseagentur
treffen wir auf Paola und José Andrés, die uns über die Route
aufklären und uns ein Angebot für eine dreitägige Tour
unterbreiten. Wir heben Geld ab und zahlen 780'000 Pesos für den All
Inclusive-Ausflug. Während José Andrés und Saly einkaufen gehen,
essen wir gemeinsam mit Paola im Parque Bolívar Spaghetti. Nachdem
unser Gepäck verladen ist, brechen José Andrés und wir gegen 15
Uhr in Richtung Juntas auf. Auf dem Weg passieren wir Siedlungen mit
überschwemmten Straßen. In Juntas angekommen, werden wir mit Agua
Panela und Brot verpflegt. Gegen 16:30 Uhr geht es nun in
Gesellschaft eines unser Gepäck tragenden Mulis zu Fuß weiter. Die
Berglandschaft ist grün. 1000 Grüntöne gibt es hier, sagt José.
Besonders auffällig ist die Palma de Cera. Laut unserem Wanderführer
stehen 81 % der Palmen Kolumbiens in Tolima. Auch über die
Frailejones unterhalten wir uns. 81 % der weltweiten Bestände
befinden sich in Kolumbien. Gegen 21 Uhr erreichen wir die Casa de
Nieves und schlagen hier unser Nachtlager auf. Das Muli und sein
Besitzer machen sich allerdings wieder auf den Rückweg zum
Ausgangspunkt. Ich bin super ausgelaugt und ruhe mich aus, während
José Andrés auf dem Gaskocher Ajiaco-Suppe aufwärmt. Zusätzlich
gibt es Reis, Agua Panela und Tee. Bevor wir schlafen gehen, erzählt
uns José Andrés von seinen Kletterabenteuern in Mittelamerika und
Bolivien.
3.7.
In
3400 Metern Höhe frühstücken wir Rühreier mit Käse, was mir
nicht sonderlich schmeckt. José Andrés schmiert derweil Sandwiches.
Wir packen unsere Rucksäcke, die durch die zusätzlich zu
transportierenden Lebensmittel und Kochutensilien deutlich an Gewicht
zugelegt haben. Gegen 9 Uhr brechen wir im Regen auf. Bis zum Punkt
'Nieves' geht es bergauf, danach bergab. Wir schauen ins Tal und
genießen die Aussicht auf zwei Ansammlungen kleiner Häuser,
worunter sich wohl auch eine Schule befindet. Da das Gepäck im Laufe
der Zeit immer schwerer zu werden scheint, lege ich häufig kurze
Pausen ein, in denen ich Bockwurst, Sandwiches und Kekse einwerfe und
reichlich trinke. In 3660 Metern Höhe erreichen wir die Finca
Mesetas, in der wir Reis und Hackbällchen sowie einen süßen Salat
essen, der angeblich typisch ist für die Bergküche. Während sich
José Andrés und Christian auf den Weg nach El Cañon
begeben, um die heißen Quellen zu besichtigen, bleibe ich in der
Finca, ruhe mich aus und schlafe ein wenig. An der Zimmerdecke baut
ein Vogel an seinem Nest.
>19. Junio - 3. Julio<
>19. Junio - 3. Julio<