Cartagena de Indias - Parque Tayrona - Santa Marta

Marcel und Franny besuchen mich Anfang Mai. Nach einem Kurzbesuch in Girardot fliegen wir an die Karibikküste, um uns von Sonne, Strand und Salzwasser verwöhnen zu lassen.

Außerhalb des Terminals des Flughafens 'El Dorado' in Bogotá klebe ich gegen 15 Uhr gemeinsam mit anderen Wartenden ungeduldig an den Fensterscheiben und beobachte, wie sich Marcel und Franny durch die letzten Kontrollen kämpfen. Die Wiedersehensfreude ist riesig. Bei kräftigen Zigarettenzügen reagieren sich die beiden frisch auf südamerikanischem Boden Gelandeten von den Flugstrapazen ab. Wir steigen in ein registriertes Taxi, um uns für nicht wenige Pesos ins garnicht allzu weit entfernte Fastfood-Restaurant fahren zu lassen. Angeblich ist es teurer ein Taxi in die Stadt zu nehmen, als eines zum Flughafen. Außerdem ist heute der 1. Mai, auch hier ein Feiertag. Wir schlagen uns die Mägen voll. Die hiesigen Fastfood-Preise sind deutlich günstiger als in Deutschland, eine Tatsache, die wir im Laufe unseres gemeinsamen Urlaubs weitere Male ausnutzen werden. Marcel und Franny sind erschöpft. Marcel meint, dass das Flugpersonal - Iberia - unfreundlich war und beide erkennen, dass es ohne Spanisch-Kenntnisse schwierig ist, sich zurechtzufinden. Beim DAS hatten sie beispielsweise Schwierigkeiten bei dem Ausfüllen von Papieren zur Einreise in Kolumbien.
Wiedersehen
Gestärkt wird die zweite Zigarette auf kolumbianischem Boden geraucht und über das hiesige Verkehrs-Chaos gestaunt. Wir stürzen uns dennoch ins mehrspurige Abenteuer und fahren weiter zum Busbahnhof. Kaum in der Bahnhofshalle angekommen, wird auch schon fleißig und lautstark auf uns eingeschrien. Da wir nach Girardot möchten, nähern wir uns dem lautstarken Girardot-Geschrei und man versichert uns, dass ein Bus gleich losfahren wird. Während ich die Fahrkarten kaufe, ist ein Typ der Meinung, sich Frannys Koffer greifen zu müssen, um ihn zum Bus zu rollen. Wir rennen dem Typen hinterher. An kolumbianischen Busbahnhöfen muss man auf sein Gepäck gut Acht geben. Nachdem die riesigen Gepäckstücke in einem großen Bus verstaut sind, ahne ich schon, wielange die Fahrt dauern wird, denn der Bus ist kaum besetzt. Wir setzen uns in die letzte Reihe und es dauert tatsächlich nicht lange, bis wir das Bahnhofsgelände verlassen. Um den Bus mit Fahrgästen zu füllen, schreit der Beifahrer während der Fahrt regelmäßig kräftig aus dem geöffneten Fenster oder der offenen Tür: "Melgar – Girardot!". Der Bus füllt sich. Die Strecke ist häufig unbefestigt, außerdem sehr kurvenreich. Der Fahrstil des Busfahrers ist mutig, dementsprechend abenteuerlich und nervenaufreibend ist die etwa dreistündige Fahrt. Gegen 22 Uhr kommen wir im rund 150 km entfernten und um 2300 Höhenmeter tiefer liegenden Girardot an. Franny und Marcel machen Bekanntschaft mit tropischem Klima und wir rollen zwei Roll-Koffer durch die fast menschenleeren Straßen. Wir begegnen Jaime, dem Nachtwächter in meiner Straße. Marcel und Franny sind hin und weg von der Einrichtung im Haus. Wir räumen ein drittes Schlaflager in mein Zimmer, denn Franny hat Angst, sich das Nachbarzimmer allein mit mehrbeinigen Mitbewohnern zu teilen. Kurz vor Mitternacht begeben wir uns in das mit zwei Tischventilatoren gemütlich eingerichtete Nachtlager, um uns von dem anstrengenden Tag zu erholen und eine ordentliche Mütze Schlaf zu tanken.
Ausgeschlafen springen wir kurz in den Pool und beginnen mit der Frühstückszubereitung. Ich presse Orangen, außerdem gibt es Cornflakes und Spiegeleier. Nachdem wir uns im Wohnzimmer in die große Hängematte schmeißen, begeben wir uns ins Zentrum der etwa 100.000 Einwohner zählenden Stadt. Vorher machen wir jedoch einen kurzen Abstecher bei meinem Nachbarn bzw. Gastonkel José Alejandro, den wir gerade beim Mittagessen stören. In seiner ernsten Art führt er uns stolz durch Haus und Hof und wirkt auf Marcel und Franny unsympathisch. Seine Hausangestellte Leonilde hingegen begegnet uns mit einem freundlichen Wesen und mit einem frischen Ananas-Saft. Wir verabschieden uns und treffen auf weitere Personen, die in meiner Straße wohnen bzw. arbeiten. Aufgrund der Sprachbarrieren bleibt es bei kurzen Begrüßungen. Erster Anlaufpunkt ist die Plaza del Mercado, der Marktplatz. Wir laufen an zahlreichen Obst- und Gemüseständen vorbei und betreten die Fleischhalle, welche wir jedoch direkt wieder verlassen, weil es furchtbar unangenehm riecht und viel Blut auf dem Boden liegt. Weiter geht es in die belebte Haupthalle, in der wir Gebäck und schmackhafte Granadillas kaufen. Im Obergeschoss schauen wir uns Kunsthandwerk wie Sombreros, Hängematten, Ponchos etc. an. Wir kaufen eine Packung 'Kuka' (aus dem Valle), eine Art Lebkuchen, verlassen die Halle wieder und besichtigen schweißgebadet die Kirche am Markt. Nun machen wir uns auf den Weg zu meinem Lieblings-Saftladen. Wir bestellen zwei Mandarinen-Säfte, einen Erdbeer-Saft und eine Empanada, eine gefüllte Teigtasche. Alles schmeckt hervorragend. Ein Kolumbianer mit amputiertem Unterarm stellt sich zu uns an den Tisch und bastelt aus Palmenblättern zwei Heuschrecken sowie einen an einer Angel hängenden Fisch. Mit 3000 Pesos bedanken wir uns für die Ergebnisse seiner Fingerfertigkeit. Nachdem wir die Palmenkunst nach Hause gebracht und hier kurz Pause gemacht haben, gehen wir zum Parque Bolívar, wo sich Kinder unter den Wasserfontänen vergnügen. Wir überqueren die Brücke, die über den Río Magdalena führt und die Gemeinden Girardot und Flandes verbindet, zweimal, und halten uns kurz am Hafen auf. Kinder baden im Fluss und wir entscheiden uns, es ihnen nicht gleich zu tun. Anschließend geht es zurück ins Zentrum und meine beiden Gefährten stellen beim abendlichen Einkauf mit Freuden fest, dass Zigaretten hier sehr günstig sind. Wir bringen den nikotinlastigen Einkauf nach Hause und die deutschen Mitbringsel Baumkuchen sowie ein halbes Zwiebelbrot bei einer befreundeten Familie vorbei. Nach dem Abendessen packen wir unsere Sachen und schmeißen uns in die Federn.
Kunsthandwerk in der Markthalle
Erfrischungsgetränke
Palmenkunst

Blick über den längsten Fluss Kolumbiens

Am Sonntagmorgen endet die Bettruhe bereits gegen 5 Uhr. Nach dem Frühstück werden die in Deutschland sehnsüchtig erwarteten Lebenszeichen per moderner Internet-Telefonie erfolgreich übermittelt und wir nehmen gegen 7 Uhr ein Taxi zum Busbahnhof. Der ausgeschlafene Taxifahrer bietet uns seine Finca für Urlaubsaufenthalte an und meint, dass das Quecksilber in Girardot vor kurzem die 45 Grad-Marke passierte. Das glaube ich gern. Begleitet von leichtem Regen fliehen wir gegen 7:30 Uhr vor einem weiteren Tag in der Hitze und machen uns auf den Weg in das kühle Hochland.
Girardot weint, als wir am Morgen aufbrechen
 
In Bogotá verstauen wir die meiner Ansicht nach unpraktischen Roll-Koffer bei einer befreundeten Familie, begeben uns stattdessen mit einem prall gefüllten Trecking-Rucksack zum Flughafen und heben mit Aero República in Richtung Cartagena de Indias ab. Am Zielort angekommen, suchen wir nach einer Herberge und werden schließlich im Handwerksviertel Getsemani fündig. Das 'Casa Viena', dessen Inhaber Österreicher ist, soll für die nächsten Tage unser Domizil sein. Nachdem wir uns eine Weile an unserem Drei-Bettzimmer erfreuen, verlassen wir die Herberge und streifen durch die schmutzigen Straßen eines Stadtviertels, dessen Einwohner größtenteils dunkelhäutig sind. Die Afrokolumbianer sitzen auf den Gehwegen und vermitteln uns ein Gefühl von Unsicherheit. Schnellen Schrittes suchen wir nach einer Umgebung, die uns den Gedanken an einen möglichen Überfall vergessen lässt. Schließlich gelangen wir zur Promenade. Das Wetter ist wechselhaft. Die zum Teil überfluteten Straßen zeugen von größeren Niederschlägen an den Vortagen.
Zimmer im 'Casa Viena'
Heute, am Montag, geht es in die komplett ummauerte Altstadt Cartagenas, die von engen Gassen und farbenprächtigen Fassaden geprägt ist und seit 1984 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. In der über eine Million Einwohner zählenden Stadt blüht der Tourismus. Nachdem wir bei Juan Valdez und im Hard Rock Café Halt gemacht haben, spazieren wir auf dem Schutzwall entlang, welcher im 18. Jahrhundert zum Schutz vor Attacken und Plündungen durch Piraten errichtet wurde. Kanonen stellen eindrucksvolle Zeugen jener Zeit dar.



Am Dienstag erobern wir das Wasser und unternehmen einen Ausflug mit dem Boot 'Alcatraz'. Wir passieren mehrere kleine Inseln und verbringen einen etwa einstündigen Aufenthalt auf der Isla San Martin de Pajares. Hier erwarten uns in einem der schönsten Unterwasserzoos der Karibik, dem 'Oceanario', interessante Meeresbewohner wie riesige Zackenbarsche, Rochen, Haie und Schildkröten sowie eine Delphin-Show. Anschließend geht es weiter zum Playa Blanca, dem weißen Strand. Nachdem wir ein im Ausflugspreis inbegriffenes Mittagessen erhalten, können wir es kaum erwarten, uns in das kristallklare Wasser zu stürzen. Etwas erstaunt, aber nicht weniger froh darüber, stellen wir fest, dass sich an diesem herrlichen Fleckchen Erde eine sehr überschaubare Zahl an Badegästen aufhält. Allerdings werden wir mehrmals von aufdringlichen Händlern und Masseusen belästigt. Marcel gerät für einen Moment in einen Schockzustand, da er seine Kamera nicht finden kann, welche kurz zuvor von Franny in Sicherheit gebracht worden war.

Pescado, arroz con coco y patacones



Nach einem erholsamen Tag auf dem Wasser verlassen wir am Mittwochmorgen eine der schönsten Kolonialstädte Südamerikas mit einem Kleinbus in Richtung Santa Marta. Wir passieren die Industriestadt Barranquilla und erreichen schließlich Taganga. Der Busfahrer empfiehlt uns im 'Casa de Felipe' zu übernachten, einer stilvollen Herberge. Hier beziehen wir um die Mittagszeit ein Zimmer mit dazugehöriger Hängematte. Auf dem Weg zum Strand finden wir ein gemütliches Plätzchen und essen gebratenes Hühnchen mit Reis und Bohnen. Da der Strand im Ort nicht zum Baden einlädt, wandern wir auf der Suche nach einem schöneren Strand die kargen und von Kakteen bewachsenen Hügel hinauf, zwischen denen wir schließlich fündig werden.


Nach einem ausgiebigen Frühstück im gemütlich eingerichteten Außenbereich wollen wir heute, an Marcels und meinem Geburtstag, zum Highlight unseres Ausfluges fahren, dem Parque Tayrona. Es soll der schönste Nationalpark des Landes sein. Vorher geht es aber noch kurz in die Innenstadt von Santa Marta, um den Rückflug nach Bogotá um einen Tag zu verschieben. Ohne Zuzahlung wird unser Anliegen bearbeitet. Mit dem Bus fahren wir zum Eingang des Tayrona-Parks, bezahlen umgerechnet 10 Euro Eintritt und setzen die Fahrt mit einem Kleinbus fort. Nach einigen Kilometern erreichen wir gegen 12 Uhr den Bereich, ab dem es motorisiert nicht mehr weiter geht, sodass wir uns nun auf den Fußmarsch begeben. Tausende von Blattschneiderameisen kreuzen unseren Weg. Als wir das Meer erreichen, kommen wir aus dem Staunen kaum heraus. Vor uns toben die Wellen an den weißen Sandstrand. Hinter uns befinden sich der Regenwald und die Nebelwälder der Sierra Nevada de Santa Marta. Im Camp angekommen, verstauen wir unser Gepäck und stürzen uns sogleich in die Fluten. In Gesellschaft vieler kleiner Krebse, die sich nach und nach aus dem Sand an die Oberfläche graben, sitzen wir am Abend gemütlich zusammen.
Eingang zum Parque Tayrona


Nach einer eher schlaflosen Nacht in der Hängematte und einem leckeren Frühstück genießen wir auch heute wieder die Ruhe am Strand. Zum Glück sind auch hier nur wenige andere Urlauber anzutreffen. So stellen wir uns das Paradies vor. Während ich mich zumeist im Schatten aufhalte, können Marcel und Franny gar nicht genug bekommen von den Sonnenstrahlen und dem Baden im Meer. Die rötliche Farbe ihrer Haut wird sie noch in den Wochen danach an das ausgiebige Sonnenbad erinnern.
Durchhänger
Vitaminbombe macht stark für den Tag
Strandidylle





Am Freitagnachmittag verlassen wir den Nationalpark mit dem Gefühl, hier zwei wunderbare Tage erlebt zu haben. Sicher war der Fußmarsch durch das teilweise sehr unwegsame Gelände auch anstrengend, doch die umgebende Natur und die Strandidylle bleiben unvergessen. Da es keinen Bus gibt, handeln wir mit einem Taxifahrer, dem auf dem Weg nach Taganga fast das Benzin ausgeht. Im Regen durchfahren wir dank der Blüte eines Gehölzes durch eine punktuell gelb gefärbte hügelige Landschaft. Weil es so schön war, übernachten wir ein weiteres Mal im 'Casa de Felipe'.
Heute besichtigen wir Santa Marta, die älteste Stadt des Landes. Zunächst besuchen wir die Quinta de San Pedro Alejandrino, dem Landgut des Nationalhelden Simon Bolívars. Hier verbrachte der südamerikanische Unabhängigkeitskämpfer seine letzten Lebensjahre, bevor er 1830 verstarb. In den heute als Museum genutzten Räumlichkeiten wurde ursprünglich Zuckerrohr verarbeitet. Große Leguane, iguanas genannt, können wir in den gepflegten Außenanlagen beobachten. Nachdem wir uns die Kirche ansehen, kurbeln wir die lokale Wirtschaft durch den Souvenir-Kauf ein wenig an und übernachten im 'Casa Familiar', bevor es am nächsten Tag wieder Richtung Bogotá geht.




> 1./10.-V-'09 <  

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