Rätselhaftes Adventsmarkt-Wochenende

Am Vortag des ersten Advents treffen wir uns gegen 10:30 Uhr am reichlich gedeckten Frühstückstisch von Gastgeberin Ines in der Beuchaer Straße im Leipziger Stadtteil Anger-Crottendorf. Bevor wir uns auf die Brötchen stürzen, werden allerdings noch Adventsgeschenke verteilt, und so wandern hauptsächlich Adventskalender von einer Hand in die andere. Kaum sitzen wir am Tisch, fliegen auch schon – wie könnte es bei unserer Konstellation auch anders sein – die verbalen Fetzen. Letzteren gehen kleine Kaufetzen voraus, die sich ungefragt aus meinem Mund entfernen und auf dem Ärmel meiner Sitznachbarin Franny landen, welche mich – merklich angewidert – schreiend auffordert, nicht mehr in ihre Richtung zu gucken, während ich kauend erzähle. So gilt meine Aufmerksamkeit nun der mir direkt gegenübersitzenden Ines, die sich sofort auf alle Viere begibt, um den Fußboden von den kürzlich heruntergefallenen Brotkrumen zu säubern, was bei den anderen Frühstücksteilnehmern schallendes Gelächter auslöst. Dank unserer kuriosen Eigenarten geht also mal wieder ordentlich die Post ab.

Unsere gesättigten Leiber werfen wir nun auf die wenige Meter entfernte Couch, auf welcher wir uns Gedanken über die heutige Freizeitgestaltung machen. Zunächst steht der Besuch des Escape Rooms 'Honeckers Albtraum' auf dem Programm, dessen Tür sich in knapp einer Stunde für uns öffnen wird. Wie immer trödeln wir vor uns her, sodass wir nach dem Verlassen der Wohnung erschrocken feststellen, dass wir es aus Zeitgründen nicht mehr fußläufig bis zur Escape Room-Challenge schaffen werden. Während wir an einer Straßenbahn-Haltestelle auf einen Bus warten und wir Marcel dazu überreden können, nicht in den direkt neben uns stehenden Papierkorb zu pinkeln, begegnet uns eine Frau, die einen zusammengerollten grasgrünen Teppich auf der rechten Schulter trägt, der Ines' Wohnzimmerteppich zum Verwechseln ähnlich sieht. Ob die Wohnung unserer Gastgeberin gerade ausgeraubt wird, fragen wir uns, hängen dieser Frage aber nicht lange nach, da mit mehreren Minuten Verspätung jetzt endlich der Bus eintrifft. Wir haben Glück und der Busfahrer winkt uns ohne zu bezahlen weiter. Sind wir hier in Kuba oder was? Nein, sind wir nicht, denn nach zwei Stationen steigen wir aus und stehen vor der Russischen orthodoxischen^^ Gedächtniskirche und wenige Schritte später vor der deutschen Nationalbibliothek.

Fast pünktlich erreichen wir den Kohlrabi-Zirkus, eine Kuppel-Architektur, die laut Aussage unserer Stadtführerin Ines von den Leipzigern auch liebevoll 'Bürgermeisters Titten' genannt wird. Unser Anlaufpunkt soll heute die linke Titte sein, welcher wir uns entlang des großen Parkplatzes langsam nähern. Ein freundlicher Schirmmützenträger öffnet uns die Tür, führt uns durch einen mit unzähligen Signaturen an den Wänden versehenen Flur und heißt uns schließlich zur Escape Room-Challenge Willkommen. Nachdem er uns mit den Spielregeln vertraut macht und wir uns für die Variante mit sechs Tipps entscheiden, begleitet er uns in den benachbarten Rätselraum. Inmitten der mit DDR-Möbeln eingerichteten vier Wände fühlen wir uns um drei Jahrzehnte zurückversetzt. Am MuFuTi sitzend, macht uns unser Spielleiter auf die an der Zimmerdecke angebrachte Kamera aufmerksam, über die er uns während des Spiels beobachten wird. Mithilfe eines Walki-Talkies können wir bei Bedarf mit ihm kommunizieren. Vor dem fiktiven Hintergrund, dass Genosse Erich uns an der Flucht aus unserem eigenen Wohnzimmer hindern will, wird es nun unsere Aufgabe sein, binnen 60 Minuten den für die Flucht erforderlichen Schlüssel zu finden. Hierzu ist das Lösen mehrerer Rätsel notwendig und so erwarten wir mit Spannung das aus dem Radio ertönende Startsignal. Neugierig stellen wir alles auf den Kopf und rätseln, was das Zeug hält. Als Escape-Room-Anfänger stellen wir fest, dass es so leicht nicht ist, um die Ecke zu denken. Die Rätsel haben es wirklich in sich und so nehmen wir über das Walki-Talkie die uns zur Verfügung stehenden Tipps in Anspruch. Als der im Vorfeld angekündigte Countdown einsetzt, grübeln wir gerade über die letzte Zahlenkombination, welche wir schließlich erfolgreich enträtseln, sodass wir rechtzeitig den Schlüssel in den Händen halten und die Wohnzimmertür öffnen können. Die Aussage des Spielleiters, wonach wir angeblich 58 Minuten für die Flucht benötigt haben, wagen wir zu bezweifeln, kommt es uns doch so vor, als wolle man uns mit einem positiven Gefühl flüchten lassen. Die genaue Zeit soll uns allerdings egal sein, denn wir hatten einen aufregenden Aufenthalt und sind um eine interessante Erfahrung reicher. Der Besuch eines anderen Escape Rooms wird vermutlich nicht lange auf sich warten lassen. Ines kann sich sogar mit dem Gedanken anfreunden, sich im 'Carrie'-Raum einschließen zu lassen. Wir werden sehen.

Um zum Weihnachtsmarkt zu gelangen, entscheiden wir uns für die S-Bahn und so schreiten wir die Treppenstufen zur Haltestelle hinab. Für den Kauf von Fahrkarten bleibt keine Zeit, denn wir beweisen perfektes Timing und steigen in die eintreffende Bahn. Geiz ist auch Ende 2017 noch geil und so schmieden wir, clever wie wir sind, den Plan, uns am Fahrkartenautomat blöd zu stellen. Dem Schaffner gegenüber geben wir uns als ortsfremd und damit inkompetent in Sachen Fahrkartenautomaten-Benutzung aus und tippen munter und absichtlich orientierungslos auf dem Bildschirm herum. Ich vermute, dass der Mann in Uniform eine solche Szene nicht zum ersten Mal sieht und werde den Eindruck nicht los, dass er uns die Unwissenheit nicht abkauft. Allerdings scheint auch er nicht der Hellste im Umgang mit dem Automaten zu sein, kommt er doch angeblich nicht von hier. Letztendlich bleibt es bei der obligatorischen Verwarnung. Ob es an unserem überzeugenden Auftritt lag oder der freundliche Bahn-Stewart einfach nur keine Lust auf Konfrontation hatte, werden wir wohl nie erfahren. Als vermeintliche Idioten verlassen wir die Bahn.

Am Wilhelm-Leuschner-Platz angekommen, rückt Ines noch schnell ihr Höschen zurecht, bevor wir uns ins innerstädtische Weihnachtsgetümmel stürzen. Es sind weniger die wenigen Schritte, die wir zurückgelegt haben, als vielmehr die fruchtigen Düfte, die uns das Gefühl geben, dass es uns dürstet, und so gönnen wir uns eine Tasse Quitten-Punsch, Heidelbeer-Punsch und Heiße Schokolade. Bei den doch ziemlich kalten Temperaturen wärmen die Getränke gut durch und sind zudem sehr appetitlich. Weniger appetitlich, aber doch recht amüsant, ist das Thema, über welches wir uns unterhalten, nachdem wir auf Kais Abwesenheit zu sprechen kommen. Wer meint, dass das Thema Intimrasur bzw. damit möglicherweise einhergehende Hautschäden wenig unterhaltsam ist, der irrt, und so erzählen Marcel und Franny von Bekannten, die aufgrund eines eingewachsenen Haares ein halbes Jahr krankgeschrieben waren. Was es alles gibt, resümieren wir, und schwenken vom geistigen Konsum durchaus interessanter Erzählungen zum Konsum, der physisch erlebbar ist.

Auf der Suche nach einem grünen Parka klappern wir die umliegenden Bekleidungsgeschäfte ab und werden nach einer Stunde schließlich fündig. Shoppen macht hungrig und so gönnen wir uns im Gewusel der Massen Fisch im Bierteig oder die klassische Thüringer Bratwurst. Heruntergespült wird die Mahlzeit anschließend mit einem herrlich duftenden Erdbeer-Punsch. Am Stollen-Stand bietet eine freundliche Verkäuferin Stollen mit Marzipan, Mandeln oder Nougat feil. Zwar stößt die Frau durch ihren Vorschlag, beim ungeraden Stollenpreis aufzurunden, wodurch sie einige Cent mehr in ihre Kasse spült, bei Kundin Ines auf wenig Gegenliebe, doch hält es sie und Franny nicht vom Kauf des leckeren Gebäcks ab. Nachdem wir auch in der Lebkuchen-Bude für kräftigen Umsatz sorgen, statten wir dem Finnischen Dorf einen Besuch ab und lassen uns ein mit geräuchertem Lachs gefülltes Roggenbrötchen schmecken. Mit der Straßenbahn fahren wir zurück zu Ines' Wohnung, wo wir es uns auf der Couch gemütlich machen. Wenig überraschend tun wir uns mit einer Entscheidung für das abendliche Fernsehprogramm schwer. Unsere Wahl fällt schließlich auf einen Film, welchen wir anfangs dank einer mangelhaften Internetverbindung nur mit Unterbrechungen sehen können. Umso mehr freuen wir uns auf Carsten und Valeska, mit denen wir am Sonntagmorgen gemeinsam frühstücken wollen.

Unglaublich, Carsten und Valeska haben doch tatsächlich ohne uns angefangen! Naja, wir sind ja selbst Schuld, denn Pünktlichkeit ist nicht unsere Stärke. Obwohl, die meisten von uns waren Punkt 10 Uhr frühstücksbereit. Nur Marcel, der Wohnzimmerschläfer, kam nicht aus den Federn, sodass die Couch besetzt war. Schließlich konnten wir den Langschläfer doch zum Aufstehen bewegen und ließen uns Ines' selbstgemachtes Chili con carne schmecken, bevor wir uns voll und ganz den Verkaufstalenten Carsten und Valeska widmen. Da uns die feil gebotenen Produkte nicht überzeugen, switchen wir zum 'Sterntaler' und begleiten das kleine blonde Mädchen auf ihrer abenteuerlichen Suche nach ihren vom König verschleppten Eltern. Als ihre Reise zu Ende ist, gehen auch wir auf die Suche, und zwar nach frischer Luft. Bei fallenden Flocken spazieren wir durch den Lene-Voigt-Park, Ines' Laufrevier, bevor unser rätselhaftes Adventsmarkt-Wochenende schließlich sein Ende nimmt.

> 2./3. Dezember <

Elbe-Radtour, doch wo ist die Elbe?


In Regenjacke und -hose gehüllt, treffe ich Franny wie verabredet am Sonntag um viertel zwölf am Seehäuser Bahnhof. Marcel hatte wenige Stunden zuvor wissen lassen, dass er es vermutlich nicht pünktlich zur Abfahrt des Zuges schafft und deshalb mit Kai die nächste Verbindung nehmen wird. Statt zu viert steigen wir also zu zweit mit unseren Fahrrädern in die Bahn in Richtung Stendal und nehmen auf den blauen Klappsitzen im Fahrradabteil Platz. Da der ältere Fahrgast neben uns offensichtlich keinen Wert auf Körperpflege legt und uns ein unangenehmer Duft in die Nasen kriecht, entscheiden wir uns allerdings schnell für einen Platzwechsel und machen es uns in der 1. Klasse bequem. Mit einem interessanten Gespräch über die am vorherigen Wochenende stattgefundene Bundestagswahl vergeht die Zeit bis zur Ankunft in Stendal wie im Flug. Hier suchen wir das Gleis 8 und werden nach einigem Umherirren tatsächlich fündig. Dass wir das entsprechende Hinweisschild beim erstmaligen Gang durch den Bahnhofstunnel nicht gesehen haben, macht deutlich, dass auch vier Augen nicht zwangsläufig mehr sehen als zwei. Letztendlich stimmen wir darin überein, dass das Hinweisschild an einer ungünstigen Stelle im Tunnel angebracht ist und die Gleis-Info dadurch generell leicht fehlinterpretiert werden kann. Nachdem wir unsere Drahtesel in der Regionalbahn nach Tangermünde deponiert haben und Franny am Bahnsteig ihre Lungen mit kräftigen Zigarettenzügen verwöhnt, düsen wir in der in südwestliche Richtung fahrenden Bahn pünktlich davon.

Im etwa zwölf Kilometer entfernten Tangermünde angekommen, schwingen wir uns in unsere Fahrradsättel und begeben uns auf die Suche nach der Neuen Straße, in der sich unser Quartier für die kommende Nacht befindet. An einer Straßenkreuzung checken wir nochmal die Lage und finden bei leichtem Regen schließlich die gesuchte Adresse. Da wir unser Ziel bereits eine halbe Stunde vor dem verabredeten Termin erreichen und uns an der Türe niemand öffnet, kontaktiere ich die für die Vermietung der Ferienwohnung zuständige Frau, woraufhin diese uns in die in unmittelbarer Nähe befindliche St. Stephanskirche bestellt, da sie hier gerade tätig ist, indem sie kirchliche Souvenirs an den frommen Mann bzw. die fromme Frau bringt. Unter Gottes wachsamen Augen erledigen wir die Formalitäten und entscheiden uns statt einer ausgiebigen Kirchbesichtigung für die Sichtung unseres Nachtquartiers. Schließlich ist unsere Zeit in der Kaiserstadt begrenzt und wir müssen Prioritäten setzen. Erneut die gepflasterte Straße entlang fahrend, halten wir vor dem zur Ferienwohnung gehörenden Hoftor, welches wir auf Empfehlung der Verwalterin unter Zuhilfenahme von ein wenig Gewalt öffnen. Wir kämpfen uns an der in das Tor hineinwachsenden Korkenzieher-Weide vorbei und betreten neugierig das Innere des Hauses. Als Erstes fällt uns der Geruch auf, der darauf schließen lässt, dass es sich – wie die Verwalterin gleich zu Beginn unseres ersten Telefonats meinte – tatsächlich um eine jüngst renovierte Wohnung handelt. Auf drei Ebenen stehen uns sechs Betten sowie zwei Bäder zur Verfügung. Auch die Ausstattung der Küche ist vollkommen ausreichend, sodass wir einen sehr positiven Gesamteindruck erhalten.

Nachdem mich Franny über die Schönheiten der von ihr im Sommer besuchten Ostfriesischen Insel Borkum aufklärt, machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof, um Marcel und Kai abzuholen. Dass keiner von beiden aus der gerade eingetroffenen Bahn steigt, halten wir zunächst für einen Scherz. Schließlich fällt mir ein, dass sie wahrscheinlich an der Haltestelle 'Tangermünde West' ausgestiegen sind. Ich liege falsch, denn Marcel erklärt mir am Telefon, dass sie den Anschlusszug in Stendal verpasst haben und sich nun per Fahrrad auf den Weg in die Kaiserstadt gemacht haben. Da an dieser Situation nichts zu ändern ist und wir ein schnellstmögliches Treffen herbeisehnen, fahren Franny und ich an den Ortseingang von Tangermünde, um die Anderen hier in Empfang zu nehmen. Da es nach wie vor regnet, stellen wir unsere Räder unweit der Straße ab und flüchten in ein mit Tomaten bewachsenes, offenes Gewächshaus. Darüber, dass wir uns auf einem Gelände des Direktvermarkters Franiel befinden, das übrigens nicht umzäunt ist, informiert eine am Straßenrand stehende Strohfigur. Schnell entdecken wir die neben dem Gewächshaus stehenden Himbeer-Reihen. Dutzende der leckeren Früchtchen wandern in unsere Mägen, bevor wir schließlich die weiteren Anbauflächen in Augenschein nehmen. Auch mit Radieschen und Karotten fackeln wir nicht lange und lassen das Wurzelgemüse sowie mehrere Tomaten im Fahrradkorb verschwinden. Die Zeit vergeht und von Marcel und Kai ist entlang der Straße nichts zu sehen, sodass wir mit unserer Ernte zurück zum Quartier fahren, um uns mit den Nachzüglern später dort zu treffen. Als es schließlich soweit ist, führt Kai als Entschuldigung für die späte Ankunft in Tangermünde einen Abstecher zum Pilze sammeln an, was natürlich als Scherz gemeint ist. So waren es vielmehr der kräftige Wind und der geringe Reifendruck, die ein schnelles Vorankommen unmöglich machten.

Mit hungrigen Mägen begeben wir uns zur Kaffeezeit auf die Suche nach einer Gaststätte und entscheiden uns für die Exempel-Gaststuben, die sowohl Franny als auch Kai bereits bekannt sind. Wir schreiten die Stufen hinauf und fühlen uns plötzlich ein halbes Jahrhundert zurückversetzt – was natürlich nicht wirklich möglich ist und eher auf die Generationen vor uns zutrifft. Hier, im einstigen Schulgebäude, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Mit staunenden Blicken folgen wir der Wirtin durch die mit originalen Möbeln eingerichtete frühere Schulküche, die heute als Bar- und Empfangsbereich genutzt wird, und befinden uns schließlich im früheren Klassenzimmer. Die originalen hölzernen Schulbänke, das Lehrerpult und die unzähligen, auf dem Boden stehenden bzw. die Wände schmückenden Utensilien aus dem einstigen Schulalltag lassen viel Liebe zum Detail erkennen. Da wir sehr hungrig sind, stürzen wir uns auf die auf unseren Bänken liegenden Speisekarten in Schulheft-Form. Die Lektüre studierend, erfahren wir nicht nur, was es hier Leckeres zu Essen und Trinken gibt. In dem kleinen Heftchen lesen wir darüber hinaus viel Wissenswertes über die Geschichte der Stadt. Demzufolge werden wir die Gaststätte nicht nur mit gefülltem Magen, sondern auch mit gefülltem Hirn verlassen. Aus dem Staunen kommen wir nicht raus, denn die von der Wirtin servierte Kürbiscremesuppe sieht einfach großartig aus. Statt auf einem Teller befindet sich das Süppchen in einem (vermutlich) selbst gebackenen runden Brot. Da Letzteres einfach zu mächtig ist, lassen wir es vorerst unaufgegessen. Eine kluge Entscheidung, denn sonst würden wir den Hauptgang nicht „verinnerlichen“ können. Bevor wir die Kombination aus Gast- und Bildungsstätte verlassen, besichtigen wir die Räumlichkeiten in der oberen Etage. Auch hier ist es sehr gemütlich.

Um für den nächsten Morgen einzukaufen, machen wir uns wieder auf den Weg zur Ferienwohnung, wo sich unsere Fahrräder befinden. Vor verschlossener Türe stehend, stellen wir erschrocken fest, dass keiner von uns an den Haustürschlüssel gedacht hat, der offensichtlich immer noch in der Wohnung auf dem Flurtisch liegt. Uns fällt ein, dass die Verwalterin sagte, dass sie heute ab dem frühen Nachmittag auf einer Geburtstagsfeier in Osterburg und somit nicht vor Ort ist. Gedanklich sehen wir schon den Schlüsseldienst die Türe öffnen, als wir uns dann doch für einen Anruf nach Osterburg entscheiden. Nach reiflicher Überlegung teilt uns die freundliche Stimme am anderen Ende mit, dass sich jemand aus Osterburg auf den Weg zu uns machen wird. Dass es sich bei dem Schlüsselbringer um das Geburtstagskind handelt, werden wir eine halbe Stunde später erfahren. Dankend stecken wir unserem Helfer in der Not Spritgeld zu und verstauen sorgfältig den Haustürschlüssel, bevor wir in der Dunkelheit Tangermündes zu zwei Discountern fahren und unsere Einkaufskörbe füllen. Schwer bepackt mit tollen Sachen, die den späten Abend und den nächsten Morgen schöner machen, radeln wir zurück zur Unterkunft, wo wir es uns am Küchentisch bequem machen. Gardinen am Fenster scheint man hier nicht zu mögen, sodass wir und die Anwohner auf der anderen Straßenseite uns gegenseitig auf den Küchentisch gucken können, es sei denn, ein vorbeilaufender und mit ausgestrecktem Arm fast greifbarer Passant steht uns dabei im Weg. Müde von den jüngsten, aufregenden Ereignissen begeben wir uns in die erste Etage und schmeißen uns bei geöffnetem Fenster in die Federn. Da die Glocke der etwa 150 Meter entfernten St. Stephanskirche alle viertel Stunde läutet, schlafen einige von uns ziemlich unruhig.

Tangermünde scheint in der Tat eine Hochburg des Tourismus zu sein, denke ich mir, als ich mich in den engen Gassen bei einem Passanten nach einem Bäcker erkundige und mehrere Möglichkeiten genannt bekomme. So bieten auch am heutigen Feiertag die Backstuben ihre Waren feil. Nach einem umfangreichen Frühstück, zu welchem Kai Rührei zaubert, brechen wir fast pünktlich zur geplanten Zeit auf. Auf den gepflasterten Straßen fahren wir zum Marktplatz und bestaunen das im späten Mittelalter erbaute Rathaus mit seiner spätgotischen Schauwand. Für ein näheres Kennenlernen Grete Mindes sowie einen Besuch des Heimatmuseums bleibt uns keine Zeit, da uns heute eine lange Radtour bevorsteht, und so werden wir nichts Genaueres über die Frau erfahren, die angeblich die Stadt 1617 angezündet hat und schließlich zwei Jahre später auf dem Scheiterhaufen endete.

In der Annahme, direkt auf Höhe des Marktplatzes runter zur Elbe zu gelangen, durchfahren wir die Marktstraße und stehen plötzlich vor der Stadtbefestigung. Hier geht es nicht weiter und so kehren wir schließlich zum Marktplatz zurück und folgen der Kirchstraße. Vor den Exempel-Gaststuben biegen wir rechts in die Lehrerstraße ein und düsen durch das Elbtor auf die Hafenpromenade. Nur etwa 300 Meter sind es von hier bis zur Mündung des Tanger in die Elbe. Ein paar Minuten fahren wir nun bei herrlichem Sonnenschein an der Elbe entlang, bevor wir auf der Arneburger Straße die im Norden der Stadt befindlichen Industrieanlagen passieren. Da wir uns dazu entschlossen haben, auf der rechtselbischen Seite Richtung Norden zu radeln, überqueren wir die Elbbrücke, wobei uns kräftiger Gegenwind ins Gesicht bläst. Meter für Meter legen wir entlang der B188 zurück, aber ein erwarteter Abzweig hinunter zum Fluss ist nicht in Sicht. Seltsam, denken wir, als wir eine Treppe entdecken, die allerdings durch Leitplanken versperrt ist. Die Idee, unsere Räder über die Barriere zu heben, setzen wir nicht in die Tat um und folgen weiter der Hauptstraße, die kein Ende nehmen will. Dass es in den Jahren zuvor möglich war, über die Treppe hinunter an die Elbe bzw. an einen nahegelegen See zu gelangen, werden wir später durch einen Schönhäuser Bürger erfahren. So berichtet er uns, dass sich die Tangermünder Bürger, die sich am genannten See erholten, im Laufe der Zeit darüber aufregten, dass zunehmend mehr Badegäste über die Elbbrücke bzw. die Treppe an den See kamen. Hierin liegt offensichtlich der Grund für die Errichtung der Barriere.

Tatsächlich hat auch die B188 ein (vorläufiges) Ende und so folgen wir der B107 in Richtung Schönhausen. Enttäuscht darüber, dass wir nicht direkt an der Elbe radeln, erreichen wir auf dem laut Hinweisschild alternativen Elberadweg die Geburtsstadt Otto von Bismarcks. Für den Besuch des Schlosses bleibt leider keine Zeit, denn aufgrund des offensichtlichen Umweges benötigen wir bestimmt mehr Zeit bis nach Seehausen als ursprünglich geplant. Dem Rat eines Anwohners folgend, fahren wir nun auf einem asphaltierten Weg direkt auf die Elbe zu, stoßen jedoch auf eine Weggabelung, an der wir erst einmal rasten. Zu unserem Glück kommt ein Mopedfahrer mit einem mit Gras beladenen Anhänger vorbei und hilft uns bei der Orientierung. Freundlich erzählt er uns, dass sich der Abschnitt des Radweges zwischen Elbbrücke und Schönhausen aktuell noch im Bau befindet und daher nicht befahrbar ist. Der gute Mann scheint Gefallen daran zu finden, uns von den Geschehnissen in der Region zu erzählen. So berichtet er von den hiesigen Überflutungen während des Hochwassers 2013 und der damit verbundenen großen Präsenz der Bundeswehr. Thematisiert wird auch die in Sichtweite liegende ICE-Strecke, die schon mehrfach als Mittel für ein sekundenschnelles Ableben genutzt wurde. Unser neuer mitteilungsfreudiger Bekannter könnte uns wahrscheinlich noch stundenlang unterhalten, doch ziehen wir es vor, unsere Radtour fortzusetzen. Auf Empfehlung überqueren wir den kleinen Graben, durchfahren den Eisenbahntunnel und halten uns links, bis wir auf die über die Elbe führende Eisenbahnbrücke treffen.

Endlich sind wir wieder an der Elbe. Den Elberadweg haben wir uns allerdings anders vorgestellt. Statt auf einem asphaltierten Weg radeln wir mehrere Kilometer auf einer geschlossenen Vegetationsdecke mit teilweise hohem Graswuchs. Froh sind wir, als wir später einen befestigten Boden unter unseren Reifen haben. Durch Fahrten auf den Abschnitten zwischen Neukirchen und Seehausen sowie Beuster und Wittenberge bzw. Lütkenwisch/Schnackenburg sind wir diesen Luxus schließlich gewohnt. Auf der anderen Elbseite entdecken wir die nahe der Ortschaften Billberge, Storkau und Wischer gelegene Windkraftanlage. Ein Weidezaun zwingt uns zum Anhalten. Wir schieben unsere Fahrräder den Deich hinunter und umfahren die grasende Schafherde auf dem unteren Weg. Mit der Bestätigung, dass es meistens anders kommt, als man denkt, erreichen wir die Fähre bei Arneburg. Wie auch im vergangenen Jahr in Lütkenwisch haben wir insofern Glück, als dass die Fähre gerade an unserer Seite anliegt und mit uns sofort ablegt. Nachdem wir durch die Zahlung der 1,50 EUR unser Gepäck erleichtern und an linkselbischer Seite anlegen, erblicken wir die im Frühjahr 2015 eingeweihte Aussichtsplattform und fahren den 35 Meter über der Elbe liegenden Burgberg hinauf. Wir kehren in die Burggaststätte ein, erhalten hier laut der freundlichen Bedienung mit der Raucherstimme allerdings keinen Mittagstisch mehr, sodass wir mit Kürbiscremesuppe und Eisbecher Vorlieb nehmen. Auf der offenen Terrasse sitzend, warten wir die heftige Regenhusche ab und begeben uns dann auf die Aussichtsplattform, um die weite Sicht über die Elbtalaue zu genießen.

Zurück in der Stadtmitte fragen wir nach dem Weg, denn die Ausschilderung lässt echt zu wünschen übrig. Genauer gesagt, suchen wir vergeblich nach einer Elberadweg-Markierung und fahren schließlich auf der Dorfstraße nach Dalchau, die Elbe zu unserer Rechten im Blick. Nachdem wir den kleinen Ort hinter uns lassen, durchfahren wir ein großes Industriegebiet und passieren das Zellstoff-Werk. Auf der Dalchauer Straße an einer Kreuzung stehend, entscheiden wir uns bei einsetzendem Regen und starkem Wind gegen eine Weiterfahrt auf der Straße und biegen rechts in Richtung Fluss ein – ein Irrtum, wie sich später herausstellen wird. Während der Weg anfangs noch nach einem – zugegebenermaßen wenig befahrenen – Weg aussieht, kommen wir später fahrend nicht mehr weiter und schieben unsere Räder entlang der erkennbaren Fahrzeugspuren, die vermutlich von Anglern stammen. Dass wir uns in direkter Nähe zur Elbe befinden, ist angesichts des schleichenden Tempos nur ein geringer Trost.

Nach mehr als einem Kilometer stoßen wir endlich wieder auf einen offensichtlich häufiger genutzten Weg. Da er unbefestigt und damit vom Regen vollkommen aufgeweicht ist, versuchen wir den großen Pfützen bestmöglich auszuweichen. Wir erreichen nun eine Ansammlung von Häusern und machen an einer Sitzgruppe Rast. Der Name dieses Ortes ist Osterholz, wie ich bei der Nachbereitung der Tour erfahren werde. Nach wie vor etwas orientierungslos folgen wir schließlich dem Plattenweg und stoßen nach einem halben Kilometer auf eine Kreuzung. Nur durch Zufall entdecke ich am Wegesrand einen kaum sichtbaren Wegweiser, der uns durch den Vermerk 'Rosenhof' endlich wissen lässt, wo wir uns genau befinden. Ich weiß, dass der Elberadweg durch den Ort Rosenhof führt und so machen wir uns dorthin auf. Bevor wir die L9 erreichen, passieren wir die isoliert in einem kleinen Hain stehende Kirchenruine Käcklitz, schenken ihr aber aus Zeitgründen keine weitere Beachtung. Wir lassen Sandauerholz und Büttnershof rechts sowie Germerslage links liegen und biegen rechts nach Kannenberg ein. Als wir auf den kleinen Hügel hinauffahren, erinnere ich mich, dass ich hier schon einmal war und kann meinen Begleitern mitteilen, wie weit es noch bis Werben ist. Der von Kastanien gesäumte Radweg führt hier nicht direkt an der Elbe, sondern an einem Altarm entlang, der nicht mit der Elbe verbunden ist. Wir stimmen darin überein, dass dieser Abschnitt zu den landschaftlich reizvollsten zählt, die wir heute zu Gesicht bekamen. Am Ende des Ortes Berge endet auch die Allee und wir folgen nun dem fast schnurgerade in nördliche Richtung verlaufenden Weg, vorbei an Ackerflächen und einzelnen, den Weg begleitenden Bäumen. Zu unserer Linken schauen wir auf die untergehende Sonne, als wir schließlich auf die Räbelsche Straße treffen. Da einigen von uns der Hintern brennt und die Sonne gleich untergeht, entscheiden wir uns gegen eine Weiterfahrt auf dem Zweirad und legen die letzten Kilometer in einem mit bequemen Sitzen ausgestatteten Vierrad zurück. Gemeinsam kommen wir zu dem Schluss, dass uns die heutige Radtour ganz schön was abverlangt hat. Verwöhnt durch die Tour im Vorjahr, können wir die heute befahrene Strecke mit den fehlenden Markierungen und den wenigen elbnahen Bereichen nicht weiterempfehlen. Wir sind um eine interessante Erfahrung reicher und werden uns vor der nächsten Radtour gründlicher über die entsprechende Strecke informieren, denn die Lust am Radwandern haben wir trotz der a-n-s-t-r-e-n-g-e-n-d-e-n Fahrt nicht verloren.

> 2./3. Oktober <

Wanderbares Thüringen

Großen Schrittes eile ich am Freitag zum Seehäuser Bahnhof, um um 6:46 Uhr die S-Bahn Richtung Magdeburg zu erwischen. Das Online-Ticket hatte ich noch schnell ausgedruckt, doch für den Ausdruck der Route von Sömmerda bis in die Schwedter Straße 5 in Erfurt blieb keine Zeit mehr. Die Strecke habe ich mir im Detail zwar angesehen, doch ob ich mich später an sie erinnern kann, wird sich zeigen. In der Bahn sitzend, mache ich mir ein wenig Sorgen um meine Tomaten- und Paprikapflänzchen, die ich zum Schutz vor dem Vertrocknen zwar von den Fensterbänken genommen und nach drinnen gestellt, aber am Morgen noch einmal zu gießen versäumt habe. Dass sie eine dreieinhalbtägige Durststrecke problemlos überstehen, werde ich am folgenden Montag erfreut feststellen. Nach einem Halt der Bahn nimmt schräg hinter mir ein Jugendlicher Platz, der im regelmäßigen Abstand von etwa einer halben Minute 'Hallo' flüstert, während er auf sein Smartphone starrt. Im Laufe der Zeit empfinde ich das regelmäßige Genuschel als sehr störend, spreche ihn aber nicht an, da er offensichtlich nicht absichtlich mit sich selbst spricht. Statt mich auf mein Buch zu konzentrieren, zähle ich in Gedanken die Sekunden bis zum nächsten 'Hallo'. Grundsätzlich bin ich bei Geräuschen nicht so empfindlich, doch diese Lautäußerungen neben mir sind so furchtbar monoton. Ich bin erstaunt, wie reizbar ich doch bin und wechsele in Gedanken schon das Abteil, als der flüsternde Mitreisende seinen Rucksack nimmt und mir durch das Verlassen des Zuges wieder Ruhe schenkt.

In Magdeburg umgestiegen, lausche ich interessiert den Gesprächen dreier Briten im Rentenalter und stelle fest, dass der britische Akzent gar nicht so mies klingt, wie ich ihn bisher immer wahrgenommen habe. Ein wenig schade finde ich es daher, dass sie schon in Klostermansfeld aussteigen. Langweilig wird es jedoch nicht, denn die Frau mittleren Alters, die ich wenig später einlade, sich zu mir zu setzen, ist sehr gesprächig. Kaum hat sie Platz genommen, informiert mich die etwa 1,60 kleine Thüringerin sogleich über den Grund ihrer Zugfahrt. Ich lasse mich auf ein Gespräch ein und berichte ihr vom Wochenende in Erfurt und unserem Plan zu wandern, woraufhin sie beginnt, für eine reizvolle Wanderstrecke unweit ihres Wohnortes zu werben. Viel Zeit bleibt ihr allerdings nicht, denn der Zug befindet sich bereits unweit ihrer Heimatstadt, sodass wir uns freundlich verabschieden. Laut wird es wenig später, als eine Gruppe Schulkinder den Zug betritt und sich drei kleine Jungs im Alter von höchstens sieben Jahren zu mir setzen. Fasziniert lausche ich ihrer meines Erachtens nach fehlerfreien Unterhaltung auf Englisch und vermute, dass sie Schüler einer bilingualen Schule sind.

Um halb 11 steige ich in Sömmerda aus, um von hier aus in die thüringische Hauptstadt zu wandern, die sich laut Google-Maps etwa 22 km südlich befindet. Ich rechne mit 4 km in der Stunde und eine größere Rast ist am Alperstedter See geplant. Bis 17 Uhr werde ich bestimmt bei Familie Stransky eintreffen, denke ich, und freue mich auf meine bevorstehende Wanderung. Vom etwas abgelegenen Bahnhof begebe ich mich ins städtische Zentrum, welches aufgrund des heutigen Markttages sehr belebt ist. Auf der Suche nach der Touristeninformation bleibe ich kurz vor der St. Bonifatiuskirche, einem einschiffigen Bau aus der Spätgotik, stehen. Einen auf einer Parkbank sitzenden Rentner frage ich nach der Touristeninformation. Als ich mich für die Antwort bedanke, fordert er fünf Euro, woraufhin mir zunächst die Worte fehlen. Ich halte das für einen Scherz, doch mein Gegenüber schaut mich ernst an, ohne mit der Wimper zu zucken. Verwirrt kehre ich ihm den Rücken zu und wundere mich über den hiesigen Humor. In der Touristeninformation erkundige ich mich nach dem Weg und frage, ob dieses Jahr – das Lutherjahr – schon mehr Wandertouristen zu verzeichnen sind, was die freundliche Frau auf der anderen Seite des Tresens bejaht. Allerdings seien es eher Radtouristen, die die Region um Sömmerda entdecken, fährt die Frau fort.

Die Route noch einmal ins Gedächtnis gerufen, verlasse ich nun das Zentrum und spaziere an der Stadtmauer entlang, bevor ich auf die schlichte St. Petri und Paulikirche treffe und schließlich den Ortsausgang erreiche. Ich überquere die Unstrut als wasserreichstem Saale-Zufluss und folge dem asphaltierten Unstrut-Radweg. Rechts und links liegen Wiesen und Felder soweit das Auge reicht. Bei Schallenburg überquere ich die Unstrut erneut und nun wird es etwas hügeliger. Zwar bin ich grundsätzlich froh, dass es die Sonne gut mit mir meint, doch bin ich dankbar, wenn ich in dieser offenen Landschaft zu meiner Linken eine Gehölzreihe erreiche, die mir angenehmen Schatten spendet. Hin und wieder kommen mir Radfahrer entgegen. Einer von ihnen erheitert mich mit seinem am Lenker angebrachten Radio, welches ihn während der Fahrt mit volkstümlicher Musik unterhält.

Am Alperstedter Ried lege ich eine Rast ein. Mehrere Informationstafeln geben über die geplante Entwicklung des Feuchtgebietes Auskunft. Nachdem ich die Ortschaft Alperstedt passiert habe, kann ich es kaum erwarten, den Alperstedter See zu sehen, freue ich mich doch auf einen Sprung ins kühle Nass. Daheim hatte ich in einem Blog gelesen, dass der 'Lago die Alpi' zu den schönsten Gewässern der Region zählen soll. Als ich den See schließlich in Sichtweite habe, entdecke ich unweit des Radweges drei Personen, die ihr Auto verlassen und sich offensichtlich auf den Weg zu einer Badestelle begeben. Da diese ziemlich weit entfernt scheint, gehe ich weiter, denn der sich in Nord-Süd-Richtung ausdehnende See ist groß und soweit ich mich erinnere, gibt es am südlichen Ende eine Badestelle. Ich behalte recht und stürze mich in die glasklaren Fluten der ehemaligen Kiesgrube. Eine gute Stunde döse ich auf dem grünen Hügel so vor mich hin, bevor ich wieder in meine Wanderschuhe schlüpfe. Ich erreiche den Erfurter Ortsteil Stotternheim und frage mich nach einem Getränkemarkt durch, da die Sonne gnadenlos brennt und mein Wasservorrat bereits aufgebraucht ist.

Die schnurgerade Erfurter Landstraße, der ich nun folge, will kein Ende nehmen. Kein Baum weit und breit in Sicht. Wanderfreude sieht anders aus, denke ich mir. Dass ich hier falsch bin und einen gewaltigen Umweg gehe, werde ich später erfahren. Statt nämlich am Ortsausgang von Stotternheim Richtung Südwesten abzubiegen, begebe ich mich auf direktem Wege Richtung Erfurter Innenstadt. An allen Bus- und S-Bahn-Haltestellen fehlen Stadtpläne, sodass ich mich schließlich bei einem Passanten nach dem Weg erkundige. Dieser klärt mich über meinen Irrweg auf und empfiehlt mir die S-Bahn Richtung Erfurt Gispersleben. Ich überlege, zu Fuß zu gehen, entscheide mich dann doch dagegen, da es schon 17 Uhr ist und ich mich nicht um Stunden verspäten möchte. Am Europaplatz steige ich aus der S-Bahn und frage eine freundliche Blumenverkäuferin sowie mehrere Anwohner nach der Schwedter Straße, von der offensichtlich noch niemand etwas gehört hat. Nachdem ich den Fluss Gera überquert habe und ein etwas marode wirkendes Schulgebäude passiere, sehe ich zwei junge Leute an einem Gartenhaus werkeln und rufe ihnen lautstark zu, dass ich sie ja nun endlich gefunden habe. Sahen sie Daniel und Christin aus der Distanz verblüffend ähnlich, verdeutlicht mir ihre verwirrte Reaktion, dass ich hier doch nicht richtig bin. Auch ihnen ist die Schwedter Straße nicht bekannt und so fragen sie ihren Nachbarn, der zwar auch nicht zu 100 Prozent sicher ist, mir dennoch den Weg weist, welcher sich schließlich als richtig erweist.

Erschöpft erreiche ich das Reihenhaus der Familie Stransky und werde von den Gastgebern sowie ihrer dreiköpfigen Kinderschar begrüßt, die gerade auf dem Trampolin herumtobt. Während Daniel im Innenhof ein Auge auf die Kinder wirft, zeigt mir Christin die geräumige und gemütlich eingerichtete Wohnung. Nach einer kurzen Dusche begebe ich mich in den Innenhof und es dauert nicht lang, bis Henning in der Schwedter Straße 5 eintrifft. Nachdem wir auch René und Tobias begrüßen, schmeißt Daniel den Grill an und wir freuen uns auf ein gemeinsames Wochenende in und um Erfurt. Mit vollen Mägen begleiten wir Gastgeber Daniel zum nahegelegenen Garten, um die Hühner und Enten in den Stall zu treiben. Dass das Federvieh erneut vom Fuchs geholt wird, soll sich nämlich nicht wiederholen. Nach einem Sprung in den Pool gehen wir wieder zurück zum Haus und machen es uns im Garten und später auf dem mit zahlreichen Spiel- und Sportutensilien ausgestatteten Dachboden gemütlich.

Mit einem farbenfrohen Wildblumenstrauß ist der Küchentisch gedeckt, an welchem wir am Samstagmorgen Platz nehmen. Wir entschließen uns zur Fahrt nach Eisenach, um in der südlich der Stadt gelegenen Drachenschlucht zu wandern, und schmeißen uns in Daniels Kleinbus. Nachdem wir Letzteren auf dem etwa 70 km entfernten Parkplatz am nördlichen Ende der Drachenschlucht zum Stehen bringen, begeben wir uns ins 1961 als Naturschutzgebiet 'Wartburg – Hohe Sonne' ausgewiesene Waldareal, das von Eichen und Buchen dominiert wird. Nach wenigen hundert Metern ist das ins Festgestein eingeschnittene und etwa 3 km lange Tal, dessen engste Stelle 68 cm misst, erreicht. Waren es anfangs Holzbohlen, welche eine Durchquerung der Schlucht möglich machten, befinden sich heute zu unseren Füßen Kunststoffgitter. Sie sind widerstandsfähiger gegen die Wassermassen, die insbesondere im Spätwinter durch die Klamm fließen. Jetzt, im Frühsommer, plätschert der sich durch die Schlucht ziehende Bach allerdings gemächlich vor sich hin. Die Felswände sind von Moosen und Farnen überzogen, die im feuchtkühlen Schlucht-Klima ideale Lebensbedingungen vorfinden. Ihren Namen verdankt die Drachenschlucht einem riesigen Lindwurm, welcher einer Sage nach hier einst beheimatet war.

"Schaut, da ist der Drache!"

 

An einer kleinen Waldschenke gönnen wir uns eine kurze Rast und stärken uns mit Bratwürsten, bevor wir den Weg zur Wartburg einschlagen. Zwar haben alle außer mir die zum UNESCO-Welterbe zählende Burg bereits erobert – einige sogar mehrmals –, doch hindert es sie nicht daran, das mehr als 400 m. ü. NN. liegende Bauwerk erneut zu erwandern. An unserem Ziel angelangt, begnügen wir uns nicht mit der Besichtigung der Wehranlage aus Sicht einer Ameise. Wir wollen uns die Burg aus Adler-Sicht anschauen und mogeln uns am Drehkreuz vorbei. Der Aufstieg beschenkt uns mit einem herrlichen Ausblick über den Thüringer Wald. Während wir uns orientieren, fällt mir ein auf einem Felsvorsprung stehendes riesiges goldenes 'M' auf. Dass es sich um das Kürzel eines bekannten us-amerikanischen Fastfood-Riesen handelt, wagen wir zu bezweifeln, finden aber keine Erklärung, wofür dieses ominöse 'M' stehen könnte. Später werden wir erfahren, dass der fast sieben Meter hohe Buchstabe an die Zarentochter Maria Pawlowna erinnert, nach welcher das südlich von Eisenach gelegene Tal – Mariental – benannt wurde.


Erdbeerkuchen-Stärkung

Wir zählen nicht zu den Besuchern, die auch das Innere der Wartburg wie beispielsweise das Lutherzimmer besichtigen wollen und begnügen uns mit der Miniatur-Ausgabe der Burg, welche blinden Personen durch Ertasten ein besseres Kennenlernen der Burg ermöglicht. Als ich außerhalb der Burg auf einer Mauer sitze, beginnt mein linker, vorderer Oberschenkel plötzlich heftig zu schmerzen, sodass ich laut aufschreie. Eine Wespe hatte sich in mein Hosenbein verirrt, eine sehr unangenehme Begegnung, die mich in Form einer Schwellung sowie einem lästigen Juckreiz noch mehrere Tage beschäftigen wird. Wenige hundert Meter vor dem Parkplatz werden wir von heftigem Regen überrascht, der uns zum Stehenbleiben am Straßenrand zwingt. Zu Fünft harren wir unter dem Schutz der Bäume für ein paar Minuten aus, als Tobi plötzlich ohne Worte davoneilt – die Situation erinnert mich an Hennings Flucht beim gewaltigen Gewitter im Kulturpark Neubrandenburg – und sich unter eine Infotafel stellt. Zurück am Parkplatz angekommen, werfen wir unsere durchnässten Körper in den Kleinbus und düsen ost- und heimwärts. Im Garten machen wir es uns wieder gemütlich und da wir zuvor in einem Großmarkt schmackhafte Bratwürste gekauft haben, lassen wir Lorenz' im Glas gefangene Schnecken, deren wellenförmige Bewegungen wir mit Staunen beobachten, leben. Wir entscheiden, morgen ebenfalls eine Wanderung zu unternehmen und wählen die Burgenroute rund um die 'Drei Gleichen'.


Nach einem ausgiebigen Sonntags-Frühstück mit Rührei setzen wir uns wieder in das stranskyische Familien-Gefährt und fahren – weil's so schön ist – wieder auf der A4 in Richtung Westen. Auf dem Programm steht eine Wanderung auf dem Rundwanderweg 'Drei Gleichen'. Um unser erstes Ziel, die Burg Gleichen zu erreichen, lassen wir den Kleinbus auf einem Feldweg stehen. Nachdem wir kurz über den Wegverlauf grübeln, welcher hier nicht wirklich eindeutig ist, folgen wir dem Pfad durch den Wald. Dass ich statt meiner Wanderstiefel meine Trekkingsandalen trage, ärgert mich ein wenig, denn der Boden ist teilweise ziemlich rutschig. Ich wandere aber auch zu gerne mit den Sandalen, vor allem wenn ich ohne Gepäck unterwegs bin und es den Tag über trocken bleiben soll, wie es auch heute voraussichtlich der Fall sein wird. Der Aufstieg zur Burg ist offensichtlich nicht ohne, denn er bringt Tobi und Henne dermaßen ins Schwitzen, dass sie sich ihrer Oberbekleidung entledigen. Da wir in der Vergangenheit gemeinsam wasserwanderten, radwanderten und klassisch wanderten, entscheiden wir, dass nächstes Jahr nacktwandern auf dem Programm stehen könnte. Auf etwa 370 m. ü. NN. angekommen, stehen wir vor einer mittelalterlichen Höhenburg, die schon seit mehreren Jahrhunderten ungenutzt ist. Auf eine nähere Besichtigung der Ruine verzichten wir, obwohl uns der Burgwart einen Rabatt anbietet, und so begeben wir uns auf den Rückweg, schließlich umfasst der Rundweg eine Strecke von circa 15 km. Mit seinen Auf- und Abstiegen dürften bei ruhigem Tempo etwa vier Stunden Wanderung vor uns liegen.

Den bewaldeten Burgberg hinter uns lassend, führt uns der Weg durch Wiesen und Felder. Durch steiniges Gelände erwandern wir die Mühlburg, bei der es sich um die kleinste Burg des Burgentrios und ebenfalls eine Ruine handelt. Auf dem Weg entlang der Außenmauer werden wir von einem Burgverteidiger in Gestalt eines kleinen Jungen überrascht, der mit einer fiktiven Armbrust auf mich zielt, sodass ich symbolisch in die Knie gehe. Dem Gustav-Freytag-Weg folgen wir zur Wachsenburg. Mit 420 m. ü. NN. ist sie die höchst gelegene der drei Burganlagen und beherbergt neben einem Museum auch ein Hotel sowie eine Gaststätte. Unser in einem kleinen Ort geparktes Fahrzeug erreichen wir schließlich in guter Verfassung.



Zurück in Erfurt grillen wir ein weiteres Mal und ziehen uns anschließend auf den Dachboden zurück, wo uns – wie zu gemeinsamen Studienzeiten – die Spielfreude packt. Schnell sind die Teams gebildet, sodass wir mit 'Activity' beginnen können. Neugierig und gewinnorientiert überlegen wir, welchen Begriff uns unsere Teammitglieder mit ihren verbalen Beschreibungen, pantomimischen Darstellungen und Malereien zu vermitteln versuchen. Besonders interessant wird es, als Tobi sein Kunstwerk auf Papier kritzelt, bei dem es sich angeblich um Pferdefuhrwerk handelt. Zugegeben, diesen Begriff zu malen, ist sehr anspruchsvoll, und da auch Renés sowie meine Phantasie beschränkt ist, gehen wir bei dieser Runde leer aus. Unterhaltsam war es allemal. Als ob Daniels Sohn Lorenz beim Malen des pferdeähnlichen Wesens anwesend gewesen wäre und seinem Erschaffer zeigen möchte, wie ein richtiges Pferd aussieht, kommt er am nächsten Morgen auf seinem Steckenpferd in die Küche geritten.




Am Montag fahren wir zur unweit der Klassikerstadt Weimar liegenden Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald. Noch ist uns das Wetter hold und so starten wir unseren Rundgang durch das ehemalige KZ-Gelände. Am Südhang des Ettersberges schreiten wir die als Stelenweg bezeichnete Treppe hinab, die von sieben Steinsäulen flankiert wird, auf welchen das Leben und Leiden der Häftlinge während der siebenjährigen KZ-Existenz dargestellt wird. Bevor wir links in die 'Straße der Nationen' abbiegen, werfen wir einen Blick in ein Ringgrab, an deren Stelle seitens der SS kurz vor der Befreiung des Lagers etwa 3000 Tote verscharrt wurden. Entlang der 'Straße der Nationen' erinnern 18 gemauerte Pylone an die Länder, aus denen die im KZ inhaftierten Menschen stammten. Am Ende der genannten 'Straße' stehen wir inmitten eines Ringgrabes und folgen einer breiten Treppe hinauf zum gewaltigen Glockenturm, der gemeinsam mit der davorstehenden Figurengruppe Freiheit symbolisiert und mit den römischen Ziffern M C M X L V an 1945 als Jahr der Befreiung erinnert. Nachdem wir nun einer asphaltierten Straße folgen, biegen wir links in den von Buchen- und Eichenforst ab. Auf rutschigem Untergrund gelangen wir an eine Lichtung und folgen einem der Wege, die sich sternförmig in die umgebende bewaldete Landschaft erstrecken. Als wir den Lagerzaun erreichen, beginnt es zu nieseln, aber bis zum Lager-Eingang ist es nicht mehr weit, sodass wir dort kurz Schutz vor dem Regen finden. Passend zu diesem traurigen Ort deutscher Geschichte sowie dem Ende unseres wanderreichen Wochenendes weint der Himmel, als wir auf dem Parkplatz die vergangenen Tage Revue passieren und mit Freude auf das nächste Jahr die Heimfahrt antreten.

> 2./5. Juni <

Wanderung Cottbus - Bad Muskau

Am Gründonnerstag treffen wir uns gegen 15:30 Uhr am Seehäuser Bahnhof, um uns von hier aus in das Wanderabenteuer in der Lausitz zu stürzen. Es regnet, also nichts wie weg hier. Mit der S-Bahn fahren wir zunächst über die Elbe. Am Wittenberger Bahnhof angekommen, erwerben wir ein Brandenburg-Berlin-Ticket und finden spontan einen fünften Mitfahrer. Gemeinsam steigen wir in den RE der ODEG, der uns ins etwa 300 km entfernte Cottbus bringen soll, wo sich unsere Gruppe um die aus Leipzig anreisende Ines erweitern wird. Je näher wir der Hauptstadt kommen, desto mehr füllt sich der Zug. Sitzen wir anfangs noch gemütlich in zwei Vierersitzen und schenken uns den von Franny mitgebrachten Eierlikör ein, machen wir später Tante Conny und ihrem Neffen Platz, die mit Hund Tyson auf dem Weg zu einem Osterfeuer sind. Am Ausgang des Cottbusser Bahnhofsgebäudes fällt uns Ines in die Arme, bestens ausgerüstet mit wandertauglicher Kleidung einer bekannten Outdoor-Marke. Uns bleibt etwa eine Stunde, um in der im Stadtzentrum gelegenen Jugendherberge einzuchecken. Auf dem Weg dorthin wird erst einmal der auf der anderen Straßenseite befindliche Bankschalter um einige Scheine erleichtert, bevor wir einen Passanten bitten, von uns ein Gruppenfoto zu machen. Im Umgang mit dem Smartphone ungeschickt, reiche ich seinen zittrigen Händen meine Digitalkamera, doch auch mit dieser will ihm kein vernünftiges Foto gelingen.
VeRwaCkeltER StARt iN CoTTBus
Entlang der Bahnhofstraße geht es nun in Richtung Norden und pünktlich um 20 Uhr erreichen wir den Klosterplatz und damit unser Ziel. Geschockt über die geschlossene Tür laufe ich zum ebenfalls zur Jugendherberge gehörenden Nachbargebäude und bin froh, als mir hier eine freundliche Frau öffnet. Mit Zimmerschlüssel und Bettzeug in fünffacher Ausführung bewaffnet, eile ich zu den Anderen. In Zimmer 2 stehen uns ein Einzelbett sowie zwei Etagenbetten zur Verfügung und schräg gegenüber des Zimmers befindet sich ein behindertengerechtes Bad. Es dauert eine Weile, bis wir durchschauen, auf welche Weise man die hiesigen Bettbezüge über Kissen und Decke stülpt. Nachdem unsere Schlaflager für die Nacht vorbereitet sind, entdecken alle bis auf Franny einen lila Osterhasen an ihren Betten. Nun steht es also fest, der Osterhase ist weiblich und kommt aus Hamburg. Da wir erfahren haben, dass es einen 24h-Supermarkt in der Nähe gibt, begeben wir uns auf den Weg dorthin. Wir scheinen nicht die Einzigen zu sein, die wenige Stunden vor den Feiertagen ihre Vorräte auffüllen wollen und helfen den anderen Einkäufern beim Leeren der Regale. Interessiert beobachten Ines und ich Marcel und Franny vor dem Spirituosen-Paradies. Auf dem Rückweg machen wir im Steakhaus AMEDO Halt. Wie klein Cottbus doch ist, denke ich, als mich im Restaurant die Emfangsdame von der Jugendherberge grüßt. An Tisch 8 werden uns Nudeln mit Spinat, Ruccolasalat und andere Gerichte gereicht, sodass wir uns gegen Mitternacht gut genährt in die Federn schmeißen können.
 
Bei spanischen Klängen beginnt für einige von uns am Karfreitagmorgen der Tag, während andere bereits wach im Bett liegen. Langschläfer Marcel stört das morgendliche Gewusel wenig. Es dauert eine Weile, bis auch er sich aus dem Bett pellt und sich zwei Hände voll Wasser ins Gesicht wirft. Ordnungsgemäß tragen wir das genutzte Bettzeug zum Nachbargebäude und widmen unsere Aufmerksamkeit dem Frühstücksbuffet, das übersichtlich, aber ausreichend ist. Vollbepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen (Rum-Cola, Süßes) brechen wir gegen 10:15 Uhr auf. 16 km liegen laut Plan vor uns. Wir verlassen die knapp 100.000 Einwohner zählende Stadt in Richtung Süden. Kaum ist die Spree erreicht, bewaffnen sich Ines und Franny sogleich mit Wanderstöcken. Zwischen Kleingartenanlage und Spree wandern wir auf einem ausreichend breiten Weg, auf welchem uns mehrere Läufer und Radfahrer entgegenkommen. Da der Branitzer Park ziemlich abseits unserer aktuellen Route liegt, entscheiden wir uns gegen einen Besuch, überqueren das Wehr also nicht. Am Ufer staunen wir über die Luftwurzeln einer in Nordamerika heimischen Sumpfzypresse.
Die ersten Meter
Blick auf die Spree
Fernwanderweg E 10-Markierung Weiß-Blau-Weiß

Weiter geht's ..
Luftwurzeln
Wir folgen der Markierung des Fernwanderweges E 10 und halten uns stets rechts der Spree. Auf der rechten Seite befinden sich Anlagen für den Pferdesport und eine riesige Sau ist zu sehen. Im Restaurace Vaclav Kutzeburger Mühle angekommen, bestellen wir uns mit dem Potsdamer ein Mischgetränk aus Bier und Himbeerlimonade und wundern uns über den Preis von 1,81 EUR, für den selbst die Bedienung auf Nachfrage keine Erklärung hat. Auch für die Speisen verlangt das Gasthaus krumme Beträge. Nachdem wir unsere Wanderung Richtung Talsperre Spremberg fortsetzen und in Gedanken unseren Wanderrucksack mit einem Hund namens Tyson, drei schwarzen Schlüpfern sowie weiteren kuriosen Gegenständen packen, stellen wir fest, dass wir einen Umweg gegangen sind. So habe ich nicht bedacht, dass sich die Beschilderung der Talsperre Spremberg auch auf die westlich des Stausees gelegene Route bezieht. Geplant ist allerdings, östlich des Stausees zu wandern. Nun geht es 4 km die Landstraße entlang. In Neuhausen/Spree wollen wir die Bahn Richtung Bagenz erreichen. Enttäuscht sehen wir der Kleinbahn zu, wie sie vor unseren Augen abfährt. So bleibt uns nichts anderes übrig, als auf dem Bahnsteig auf die nächste Bahn zu warten.



Im zur Gemeinde Neuhausen/Spree gehörenden Ortsteil Bagenz angekommen, orientieren wir uns zunächst an Frannys Google-Wegweiser. Unsicher darüber, dass uns die App den richtigen Weg zum Bahnweg 8 weist, fragen wir einen Anwohner, der uns auf die korrekte Route aufmerksam macht, sodass wir schließlich dem asphaltierten Weg entlang der Bahngleise folgen. Lauthals lachen wir, als Franny enttäuscht feststellt, dass die Siedlung weit und breit nicht in Sicht ist und dennoch fragt, ob es noch weit sei, worauf Marcel ihr gegenüber entgegnet, dass es tatsächlich noch weit ist, es sei denn, die Siedlung befindet sich direkt hinter der kleinen Baumgruppe, die unmittelbar vor uns liegt. Nachdem wir ein kleines Wäldchen passieren, erreichen wir unser Nachtquartier Zum Dorfkrug, in welchem gerade Hochbetrieb herrscht. Freundlich zeigt uns Wirtin Silke die zwei im Nachbargebäude befindlichen Doppelzimmer sowie die an das eine Doppelzimmer angrenzende Grünfläche, auf der in den nächsten Minuten das Zelt aufgebaut wird. Als wir am Restauranttisch nahe der Theke Platz nehmen, werden wir auch vom jungen Kellner freundlich begrüßt. Sichtbar unangenehm ist es ihm, als Kai ihn auf die Korkbrösel in seinem Rotweinglas anspricht, woraufhin er schnellen Schrittes ein neues Glas serviert. Um ihn nicht noch einmal peinlich berührt zu sehen, behalten wir die Erkenntnis, dass der Spargel auf unseren Tellern kalt ist, für uns. Die heutige Wanderung hat ihre Spuren hinterlassen und so fallen wir gegen 23 Uhr erschöpft ins Bett bzw. auf die Isomatte.

Als wir am Frühstückstisch nach weiteren Brötchen fragen, erhalten wir eine enttäuschende Antwort. Mit einem klaren 'Nein' macht Wirtin Silke deutlich, dass drei Brötchen pro Person ausreichend sind. Heute zeigt sie sich von einer ganz anderen, unfreundlichen Seite. Unser Meinung nach sollte es ihr kaum Arbeit bereiten, ein paar Tiefkühlbrötchen im Ofen aufzubacken. Vermutlich ist sie schlichtweg schlecht gelaunt, weil wir das Frühstück erst um 9 Uhr einnehmen – für Wanderer ein ziemlich später Start in den Tag, was sie uns sinngemäß zu Verstehen gibt. Zwar hat sie damit Recht, doch wünscht man sich vom Gastgeber einen freundlicheren Umgangston. Auf das geringe Wechselgeld beharrend, ziehen wir enttäuscht über diese Begegnung weiter. Der Hauptstraße zunächst folgend, biegen wir rechts ab und überqueren die Bahngleise. Überzeugt davon, dass es der richtige Weg ist, halten wir uns nun links und werden schließlich doch eines Besseren belehrt, als wir plötzlich am Rande eines Ackers stehen. Eine freundliche Anwohnerin klärt uns auf und gibt uns zu Verstehen, dass wir nicht die Ersten sind, die sich hierher verirren. Als wir das am Ostufer des Stausees gelegene Spreecamp erreichen, bläst uns ein starker Wind entgegen. Unter einer überdachten Sitzgelegenheit legen wir eine kurze Rast ein. Gestärkt wandern wir auf einem asphaltierten Weg durch den Kiefernwald. Als es zu regnen beginnt, werfen wir uns die Regenkleidung über, und hin und wieder genießen wir einen herrlichen Blick auf den See. Da es in der Ortschaft Sellessen keine Möglichkeit zur Einkehr gibt, nutzen wir außerhalb des Ortes eine Bankgruppe für eine Brotzeit.
Spremberger Stausee
Kurze Rast
Nächste Rast
Entlang der Spree wandern wir in Richtung Spremberg, wo wir die Bahn nach Schleife nehmen wollen. Die Freude über das Erreichen der etwa 22.000 Einwohner zählenden Stadt ist allerdings nur von kurzer Dauer, da sich der Bahnhof ziemlich weit außerhalb des Zentrums befindet. Erschöpft schleppen wir uns im Regen den Hügel hinauf und verfluchen die Kurve, die kein Ende zu nehmen scheint. Ziemlich kraftlos erreichen wir schließlich den Bahnhof. Als wir im wenige Kilometer entfernten Dorf Schleife einige Rentnerinnen nach dem Weg zum örtlichen Supermarkt fragen, mischt sich ein Mann in das Gespräch ein und bietet uns spontan eine Mitfahrgelegenheit in seinem Kleinbus an, welche wir dankend annehmen. Während im Supermarkt eingekauft wird, erzählt Fred vom in der Nähe befindlichen Tagebau Nochten sowie der im Kromlauer Park gelegenen Rakotzbrücke, dir wir nicht zu Gesicht bekämen, wenn wir – wie ursprünglich geplant – ein Taxi zu unserer nächsten Unterkunft nehmen würden. Er schlägt uns vor, uns bis zu eben dieser zu fahren und uns auf dem Weg dorthin den Tagebau sowie die Brücke zu zeigen - wir sind dabei! Der ortskundige Fred berichtet von den großzügigen Entschädigungszahlungen seitens des Unternehmens Vattenfall sowie die in den vergangenen Jahren stattgefundenen Umsiedlungen. Wir passieren prächtige Wohnanlagen und können uns vorstellen, dass sich der ein oder andere Bewohner nicht lange bitten lassen musste, seinen Grund und Boden zu verlassen und anderenorts neu zu bauen. Im Übrigen ist die lokale Bevölkerung so eng mit dem Braunkohletagebau verbunden, dass die Notwendigkeit der Umsiedlung nichts Neues ist. Fred erzählt, dass die Region durch zahlreiche Hohlräume unterhalb der Erdoberfläche gekennzeichnet ist. Vor Jahren seien Kinder beim Pilze sammeln verschluckt worden, als der Boden plötzlich nachgab. Nachdem wir auf einem unbefestigten Weg inmitten des Kiefernforstes Halt machen, fehlen nur wenige hundert Meter, bis wir vor einer Tagebaufläche mit gigantischen Dimensionen stehen. Früher hatte hier einmal Urwald gestanden. Wir überqueren die Gleisen der Waldeisenbahn und blicken etwa 70 Meter in die Tiefe. Vor uns steht eine der größten beweglichen Maschinen der Welt inmitten riesiger Abraumflächen. An der Abbruchkante unter dem Informations-Pavillon stehend, ist am Horizont der Mondlandschaft das Kohlekraftwerk in Boxberg zu erkennen.


Unseren von Monotonie ermüdeten Augen wollen wir nun neue Reize bieten und finden dafür mit dem Kromlauer Park die ideale Umgebung. Der im 19. Jahrhundert angelegte und etwa 200 ha große Landschaftspark ist bekannt für seine Azaleen- und Rhododendren, die uns zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht mit ihrer Blütenpracht erfreuen. Stattdessen finden wir an der um 1860 aus Basaltsteinen gebauten Rackotzbrücke Gefallen, die sich bei hellem Licht und Windstille im Wasser spiegelt und deren Bogen im See einen perfekten Kreis bildet. Zahlreiche Filme wurden in dieser märchenhaften Kulisse gedreht, verrät uns Fred, der sehr gerne im Park seine Runden dreht.
Rackotzbrücke ..

.. im Kromlauer Park ..
.. mit Spontan-Reiseführer Fred
Von hier aus fahren wir nach Halbendorf, wo wir uns von Fred vor Paulo's Pension und Landgasthof absetzen lassen und uns mit einem schokoladigen 'Merci' für die kleine Tour bedanken. Während Marcel, Kai, Franny und Ines in der mit einem orange-roten Anstrich optisch sehr ansprechenden Pension einchecken, begebe ich mich gegen 20 Uhr auf den Weg zum Campingplatz am Halbendorfer See. Ich rufe die an der Rezeption vermerkte Telefonnummer an und erhalte wenige Minuten später einen Schlüssel für das Sanitärgebäude. Ging es mir doch in erster Linie darum, eine Erlaubnis für das Aufschlagen meines Zeltes zu erhalten, verschiebe ich die Suche nach einem geeigneten Zeltplatz auf später, und kehre stattdessen zur Pension zurück, um mit den Anderen Abend zu essen. Wir sind begeistert von dem, was uns Wirtin Michaela auftischt und erstaunt, dass sie alles allein zubereitet. Der Spargel zeugt von frischer Ernte und schmeckt um Längen besser als jener, der uns in der Gaststätte des vorherigen Abends serviert wurde. Nach einem nicht weniger köstlichen Eisbecher schmeißen wir uns in die Federn oder kriechen in den Schlafsack.

Zwar sind es zum Ufer nur ein paar Meter, doch der starke Wind und eine nicht vorhandene Duschmarke sind Grund genug, mich um 7 Uhr in der Früh nicht in die Fluten des Halbendorfer Sees zu stürzen. Als einziger Zeltcamper baue ich meine mobile Unterkunft wieder ab und suche die einige hundert Meter entfernte Pension auf. Meine Wanderfreunde sitzen bereits am Frühstückstisch und bedienen sich am reichhaltigen Angebot. Nach einem schmackhaften Frühstück stehen bis auf eine Ausnahme alle pünktlich an der Straße und warten auf das bereits am Vorabend bestellte Taxi. Wir hatten uns gemeinschaftlich entschieden, die heutige Etappe motorisiert zurückzulegen, da wir im Muskauer Park ohnehin genug Gelegenheit zum Wandern haben werden. Mit fünfzehnminütiger Verzögerung trifft schließlich das Großraumtaxi aus Weißwasser ein. Mit dem Namen unserer nächsten Herberge, dem Glockenhof, kann unsere schwerhörige Taxifahrerin gar nichts anfangen. Die entsprechende Adresse, die ich ihr nenne, wird im Rahmen eines Telefongespräches mit ihrer Tochter von eben dieser bestätigt, sodass wir uns nun ziemlich sicher sein können, dass uns Frau Kaiser nicht nach Honolulu fahren wird.
Nachtlager am Halbendorfer See
Paulo's Pension

Auf das Taxi wartend
Tatsächlich erreichen wir gegen 10 Uhr unser Ziel, welches sich etwa 4 km außerhalb von Bad Muskau befindet. Sofort springt uns die liebevoll gestaltete Außenanlage des offenen Vierseitenhofes ins Auge. Eigentlich hatte uns Birgit Jurtz erst am Abend erwartet, doch unsere verfrühte Ankunft scheint für unsere Gastgeberin offensichtlich kein Problem zu sein. Freundlich führt sie uns über den Hof und geleitet uns durch die große Glasfront in das großräumige und sehr gemütlich eingerichtete Heuhotel. Durch einen Raumteiler getrennt, befindet sich auf der einen Seite ein ca. 12 m² großes Heubett, dessen Unterlage im unteren Bereich aus einer etwa 40 cm starken Strohschicht und im oberen Bereich aus einem Heu- und Strohgemisch gebildet wird. Auf der anderen Seite steht eine Tisch- und Bankgruppe sowie mehrere Vitrinen mit bäuerlichem Inventar. Zahlreiche Wandbilder und Broschüren informieren über die Sehenswürdigkeiten sowie die floristischen und geologischen Besonderheiten der Region. Besondere Aufmerksamkeit zieht ein großer Heuwagen auf sich, der ebenfalls mit Heu ausgelegt ist und als Schlafplatz dient. Völlig fasziniert von der Einrichtung des Heuhotels folgen wir Frau Jurtz in die zu Sanitäranlagen umfunktionierten Schweineställe, die nicht weniger Anlass zum Staunen bieten. Die Wände lediglich gekalkt, wirken die Räumlichkeiten durch den - mit Ausnahme der notwendigen Installationen - weitgehenden Verzicht auf Kunststoff sehr urig. Überall auf dem Hof stehen oder hängen landwirtschaftliche Geräte sowie zahlreiche liebevoll bepflanzte Tongefäße. Scherzhaft teilen wir unser Gastgeberin mit, dass wir den Muskauer Park nicht besichtigen müssen, denn auch auf dem Glockenhof gibt es soviel zu entdecken.

Schließlich packen wir doch unseren Tagesrucksack und begeben uns zur wenige hundert Meter entfernten Neiße, dem Grenzfluss zu Polen. Auf dem Oder-Neiße-Radweg in Richtung Bad Muskau wandernd, werden wir von einem Hagelschauer überrascht. Eingehüllt in unsere Regenponchos erreichen wir nach etwa einer Stunde den Muskauer Park und suchen zunächst die im Alten Schloss untergebrachte Touristeninformation auf, um uns im Anfang des 19. Jahrhunderts von Fürst Pückler angelegten Park zu orientieren und uns über mögliche Unternehmungen zu informieren. Wir würden gerne eine Kutschfahrt im Landschaftspark unternehmen, doch aufgrund des Regens soll uns dieses Vergnügen nicht vergönnt sein. Stattdessen suchen wir eine am Marktplatz gelegene Bäckerei auf, in der wir uns mit Soljanka, Bratkartoffen und Rüblikuchen stärken. Von hier aus zunächst der Hauptstraße folgend, befinden wir uns schließlich am Grenzübergang. Auf der anderen Flussseite sehen wir Stände des Polenmarktes, von welchem wir schon viel gehört haben und den wir nun besuchen wollen. Nachdem wir die Postbrücke überquert haben und die ersten Stände passieren, stellen wir fest, dass viele von ihnen geschlossen sind. Mit dem Kauf einer Tüte Lollis kurbeln wir die polnische Wirtschaft an und kehren dem polnischen Grenzort Łęknica wieder den Rücken.
Ankunft im Muskauer Park
Postbrücke

Grenzfluss Neiße
Da es momentan nicht regnet, schlendern wir durch die Parkanlage und gönnen uns im Café des Neuen Schlosses eine Heiße Schokolade und ein leckeres Stück Fürst-Pückler-Torte. Auf einen Restaurantbesuch wollen wir auch an diesem Tage nicht verzichten und so betreten wir erwartungsvoll die Schloßschänke. Während das Lesen von lustigen Sprüchen in der Speisekarte für Heiterkeit sorgt, ist der Service eher ernüchternd. Die Kellner scheinen nämlich nicht zu wissen, welche Suppen noch vorrätig sind. Über einen derart großen Mangel an restaurantinterner Kommunikation staunend, steigen wir ins Taxi, welches uns zum Glockenhof fährt, wo die Welt noch in Ordnung zu sein scheint. Ein wenig Unordnung gibt es jedoch auch hier, denn nicht alle von uns dürfen sich aufgrund offensichtlich kleiner Warmwasser-Boiler an einer ausgiebigen heißen Dusche erfreuen. Empört reisst die fröstelnde Ines gemeinsam mit Warmduscherin Franny die Tür des Heuzimmers auf, berichtet von ihrem unfreiwilligen Abenteuer und erfährt, dass auch Kai vorwiegend mit kaltem Wasser Vorlieb nehmen musste. Zügig kriechen wir in unsere Schlafsäcke und tauschen uns über den Tag aus. Zu einem Wrestling im Heu im Schlafsack-Kostüm sind unsere Knochen zu müde, und so ziehen sich Franny und Ines ins vermutlich wohl temperierte Wohnhaus der Familie Jurtz zurück, während Marcel, Kai und ich im Heu liegen bleiben.
Blick in den Park
Neues Schloss (erbaut 1646-1653)

Heulager
So angenehm warm, wie erhofft, war die Nacht im Wohnhaus gar nicht. Auch die Tatsache, dass ein achtbeiniger Gliederfüßer den beiden Mädels Gesellschaft leistete, machte die Situation nicht unbedingt erträglicher. Detailliert schildern sie ihre Erlebnisse am mit Brötchen, Aufschnitt, aufgeschnitteten Eiern, Kaffee, Tee und Obst gedeckten Frühstückstisch. Marcel hingegen hat im Heu eher geschwitzt, was sicher an den mehreren Lagen Schlafsäcken lag. Unsere Gastgeber hatten die lautstarken Gespräche über die Missstände im Erdgeschoss registriert, lässt uns Birgit wissen, als sie plötzlich in den Frühstücksraum tritt. In der Tat sei es vergangene Nacht ziemlich kalt gewesen im Wohnhaus, meint sie. Der 30-Liter-Boiler hätte allerdings für zwei Personen bisher immer gereicht. Schnell vergessen sind die erlebten Mängel, als wir nach dem Begleichen unserer Rechnung von Birgit gebeten werden, ihr zu einer kleinen Galerie mit bäuerlichen Geräten zu folgen. Hier erfahren wir von unserer wortgewandten Gastgeberin, die als Geoparkführerin Wanderungen durch den Muskauer Faltenbogen anbietet, viel Interessantes über die Geschichte des Hofes. Ihren Monolog beendet sie zu unserer Überraschung mit einem Quiz, indem sie fragt, wer der Begründer der modernen Landwirtschaftslehre sei. Clever, wie wir sind, können wir einige der vier Antwortmöglichkeiten ausschließen, sodass wir ihr mit Albrecht Daniel Thaer die korrekte Antwort geben. Es ist ein sehr schönes Ende eines überwiegend sehr schönen Aufenthaltes und so verabschieden wir uns gegen 10 Uhr von der Glöcknerin und ihrem Glockenhof. Zu Fuß legen wir die etwa 4 km bis ins Zentrum Bad Muskaus zurück, stärken uns erneut in der am Markt befindlichen Bäckerei und nehmen um 13 Uhr den ins nahe gelegene Weißwasser fahrenden Bus. Von hier aus geht es über Cottbus wieder in die Heimat. Viele interessante Eindrücke nehmen wir mit, vor allem aber die Erkenntnis, dass ein Kilometer doch wesentlich länger ist, als gedacht.

Frisch ist nicht nur das Frühstück
Gemütliches Ambiente

Heuwagen blieb unbelegt
Blick auf den Hof

Denkmal der Glöcknerin Birgit Jurtz
 > 13./17. April <